Liberale Hegemonie der USA

 

 

Probleme der liberalen Hegemonie der USA

 

 

Let me say that we are doing everything possible

so that American men and women in uniform do not have to go out there again.

It is the threat of the use of force and our line-up there that is going to put force behind the diplomacy.

But if we have to use force, it is because we are America; we are the indispensable nation.

We stand tall and we see further than other countries into the future, and we see the danger here to all of us.

I know that the American men and women in uniform are always prepared

to sacrifice for freedom, democracy and the American way of life.

 

Secretary of State Madeleine K. Albright
Interview on NBC-TV "The Today Show"
Columbus, Ohio, February 19, 1998

 

   

Die Liberale Hegemonie ist seit mindestens 30 Jahren die außenpolitische Doktrin der USA. Sie entspringt dem ameri-kanischen Sendungsbewusstsein von seiner eigenen Besonderheit (American Exceptionalism), demzufolge die USA nicht nur eine Nation unter anderen ist, sondern dass sie die eine unverzichtbare Nation sei (The Indispensable Nation), die den "geschichtlichen Auftrag" habe, der ganzen Welt Demokratie und  Menschenrechte zu bringen.

 

Dass die USA seit dem Zweiten Weltkrieg die führende Hegemonialmacht des sog. Westens sind, ist keine Frage. Aber wie die Regierungen der beiden anderen Hegemonialmächte China und Russland erhöhen auch die Regierungen der USA sich selbst durch einen nationalistischen Geschichtsmythos, mit dem sie ihre eigenen hegemonialen Bestrebungen in angrenzenden Regionen nach innen und außen rechtfertigen. Durch diese Geschichtsmythen werden immer wieder moralische und (völker-) rechtliche Bedenken und Einwände geschwächt oder ganz außer Kraft gesetzt.

 

Im Falle Chinas betrifft das Taiwan und den pazifischen Raum, im Falle Russlands Georgien, Syrien und die Ukraine. Im Falle der USA betraf das nach dem islamistischen Terroranschlag vom 11. September 2001 vor allem Afghanistan, den Irak und Libyen. Die größte Gefahr für den Frieden in der Welt sind seither Stellvertreterkriege zwischen den rivali-sierenden Atommächten USA und Russland wie in Syrien oder derzeit in der Ukraine. Aber auch China verfolgt neuer-dings imperiale Bestrebungen im pazifischen Raum, in Afrika und in Europa.

 

Wenn Madeleine Albright erklärt, dass amerikanische Männer und Frauen immer bereit sein sollten, ihr Leben für  die Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu opfern, geht es ihr dabei nicht nur um die Verteidigung ihres eigenen Landes angesichts eines äußeren oder inneren Aggressors. Denn Amerikaner haben - wie alle anderen Völker auf der Erde ganz selbstverständlich das Recht, ihr Leben, ihre Freiheit, ihre Demokratie und ihre bürgerlichen Rechte in Situa-tionen einer kollektiven Notwehr zu verteidigen. Aber der außenpolitischen Doktrin der sog. liberalen Hegemonie gemäß geht es dabei auch um die politische Einmischung in fremde Regionen und Nationen. Damit macht sich die

USA als führende Macht des sog. Westens jedoch zum Anwalt und Richter über alle anderen Kulturen und Nationen.

 

Aber wieso sollten die USA als einziges Land der Welt, anders als jedes andere Volk und jede andere Nation, das Recht haben, sich als Anwalt und Richter über alle anderen Völker und Nationen zu verstehen? Diese Frage ist auch dann berechtigt, wenn man von der Demokratie und von der universalen Geltung der Bürger- und Menschenrechte über-zeugt ist. Denn es ist eine Sache, anderen Völkern und Nationen dabei zu helfen, zu Demokratien zu werden und

Bürger- und Menschenrechte zu respektieren. Aber es ist eine ganz andere Sache, dies mit politischen Interventionen

und mit militärischer Gewalt erreichen zu wollen. Denn erstens ist es fragwürdig, ob man anderen Nationen überhaupt von außen Demokratie und Menschenrechte bringen kann. Und zweitens ist es fragwürdig, ob dies mit militärischer Gewalt und ohne einen Wandel in der jeweiligen Mentalität, Kultur und Gesellschaft geschehen kann. Auch wenn es länger dauert, müssen die meisten Völker sich selbst auf der Basis ihrer jeweils eigenen Mentalität, Kultur und Religion zu Demokratien hin entwickeln, die mit Rechtsstaaten versehen sind, die Bürger- und Menschenrechte  garantieren.

 

Außerdem wurden diese ideellen Ziele, einer anderen Nation Demokratie und Menschenrechte zu bringen, bisher oft nur vorgeschoben, um materielle Interessen an fossilen Brennstoffen wie vor allem an Öl abzusichern. Schließlich sollten die politischen Ideale von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten immer und überall durch die ebenfalls wichtigen politischen Ideale von sozialer Verantwortung, legitimer Rechtstaatlichkeit und nationaler Souveränität ergänzt werden, um dadurch auch den Frieden, die Gerechtigkeit und die Schöpfung zu bewahren und langfristig für

die ganze Menschheit zu realisieren. 

 

Hinzu kommt, dass die Menschenrechte vom modernen Liberalismus im politischen Alltag bisweilen zu individualis-tisch verstanden werden. Zwar handeln sie in den meisten Artikeln von den Rechten der Menschen nach dem Schema:

"Jeder Mensch hat das Recht ...", unabhängig von ihrer "Hautfarbe, Rasse, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen". Aber die jeweiligen notwendigen Bedingungen der embryonalen Entwicklung sowie der kindlichen und jugendlichen Entwick-lung wurden in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 noch nicht oder zu wenig berücksichtigt. Die Menschenrechte sollten daher nicht nur individualistisch verstanden werden, sondern personalistisch. Denn auch in-dividuelle Menschen stehen von Anfang an in vielfältigen Beziehungen und brauchen sie zum Leben, zur Entwicklung und zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit (Artikel 26, 2).

 

Werden sie jedoch allzu individualistisch verstanden, werden die Grundpflichten (Artikel 29) und der Schutz der Familie (Artikel 16), die Ansprüche auf Arbeit, gleichen Lohn und soziale Sicherheit (Artikel 22 und 23) außer Acht gelassen.

Denn sie können in einen Konflikt mit der legitimen Rechtsstaatlichkeit geraten, weil Rechtsstaaten nun einmal rechtliche Institutionen brauchen, deren Autorität auf dem Willen des Volkes beruht und die auf ihrem nationalen Hoheitsgebiet, allen Bürgern und Menschen Gesetze vorschreiben und mit Sanktionen versehen dürfen, um bei Verstößen gegen diese Gesetze legitime Strafen in Form von Geldbußen, Freiheitsentzug, etc. auferlegen zu können. (Artikel 21, 3). Wenn die Gesetze des Rechtstaates jedoch nicht mehr hinreichend mit legitimen Mitteln durchgesetzt werden, drohen nicht nur gewöhnliche Kriminalität zuzunehmen, sondern auch die ausländische Mafia, die Clan-Kriminalität, die Gewaltakte rechter und linker Extremisten und Terroristen und es entstehen rechtsfreie Räume, anarchische No-Go-Areas und der Rechtsstaat verliert dann an praktischer Autorität und an legitimer Kontrolle.

Der Anspruch auf soziale Sicherheit (Artikel 22) kann dann nicht mehr erfüllt werden. 

 

Selbstverständlich gibt es daneben auch ethische Konflikte zwischen dem Gewissen oder der Gesinnung einzelner Bürger einerseits und der staatlichen Verantwortung oder dem Rechtsstaat andererseits. Diese ethischen Konflikte

hatte in der griechischen Antike bereits Sophokles in seiner Tragödie Antigone geschildert. Hegel hat ihn in der Neuzeit aufgegriffen und nach dem zweiten Weltkrieg wieder Jean Anouilh. Aber der Preis für die Auflösung dieser Konflikte ist die Autorität und Superiorität des modernen Rechtstaates, der seinen Bürgern zwar gewisse Grundrechte garantiert, der dafür als Gegenleistung jedoch die Grundpflicht zur Anerkennung seiner Autorität und seines Gewaltmonopols verlangt. Das gilt auch für Minderheiten und für Bürger, die aus bestimmten Gründen Reformen fordern. Auch sie müssen den Rechtsweg politischer Reformen einschlagen und dürfen sich dabei nicht (durch aktiven oder passiven Widerstand oder gar durch Lynch-Justiz) einfach über geltende Gesetze hinwegsetzen. Wo sie glauben, das aus Ge-wissensgründen tun zu müssen, müssen sie die strafrechtlichen Konsequenzen in Kauf nehmen.

 

Bürger stehen daher nicht über dem Rechtsstaat, sondern der Rechtsstaat steht gewissermaßen über ihnen, um in ihrem aufgeklärten Interesse und ihrem nach dem selbstbestimmten Willen des Volkes das Gemeinwohl und den sozialen Frieden für alle Bürger und Menschen zu gewährleisten. Der Rechtsstaat darf sich daher auch nicht von linken oder rechten politischen Akteuren instrumentalisieren lassen. Denn ein funktionstüchtiger Rechtsstaat darf nicht zum bloßen Instrument linker oder rechter Ziele werden, sondern muss eine öffentliche Institution des ganzen Volkes bleiben. Daher gelten bürgerliche Freiheiten immer nur in den Grenzen des legitimen Rechtes und daher setzt eine moderne Nation und ihr Rechtsstaat nationale Einheit voraus, die mit einer Flagge und einer Hymne symbolisiert wird. Das anzuerkennen ist kein Nationalismus, sondern nur die Anerkennnung der internationalen Ordnung gleichberech-tigter souveräner Nationalstaaten. Der idealistische Wunsch nach Abschaffung der Nation und ihrer Symbole im Sinne einer grenzenlosen Einheit der Menschheit hingegen ist eine gefährliche antimoderne und romantische Utopie, die nicht dem Frieden dient, sondern dem Recht des Stärkeren.

 

Bei einem falschen Verständnis der Menschenrechte werden jedoch immer neue partikulare Rechte erfunden und ausgerufen (sog. Frauenrechte, Männerrechte, Kinderrechte, LGBTIQ-Rechte, etc.), obwohl diese Menschen (Frauen, Männer, Kinder, Lesben, Schwule, etc.) bereits in den allgemeinen Menschenrechten eingeschlossen sind. Dass Frauen, Männern, Kindern, Lesben, Schwulen, etc. allgemeine und unteilbare Menschenrechte zukommen, kann nicht dadurch überboten werden, dass man zusätzliche partikulare Rechte (Frauenrechte, Männnerrechte, Kinderrechte, etc.) erfindet. Dahinter stand zwar anfangs einmal der berechtigte Kampf um Anerkennung und Realisierung ihrer allgemeinen und unteilbaren Menschenrechte. Aber leider geht es seit einiger Zeit gar nicht mehr um deren berechtigte Anerkennung, sondern nur noch um Privilegien für bestimmte Gruppen und um einen parteipolitischen Stimmenfang durch eine identitätspolitische Berufung auf einen angeblichen Opferstatus und daher um demagogische Symbolpolitik.

 

Sog. Frauenrechte und Frauenquoten verschaffen oft nur noch bereits privilegierten Frauen in der Politik, Wissenschaft und Wirtschaft einen Wettbewerbsvorteil und weitere Privilegien, von denen die meisten Frauen in gewöhnlichen und weniger einflussreichen Berufen (Arbeiterinnen und Angestellte) gar nichts haben. Sog. Kinderrechte tragen gar nicht wirksam zum Schutz und Wohl von Kindern bei, sondern beschränken wie schon im (National-) Sozialismus die Rechte der Eltern und schwächen die Selbstbestimmung der Familien. Auch in den totalitären Staaten des Nationalsozialismus und des marxistisch-leninistischen Sozialismus versuchten die Funktionäre der Einheitsparteien die Macht über die Erziehung der Kinder zu erlangen und dazu die Autonomie der Familien zu schwächen. Denn totalitäre Staaten ver-stehen aufgrund ihres organismischen Staatsverständnisses die Familien als "Keimzellen" der Gesellschaft und als potentielle Quellen des Widerstandes, der außerhalb der staatlichen Kontrolle liegt.

 

Sog. LGBTIQ-Rechte verschaffen einer anderswo immer noch und früher auch bei uns diskriminierten und schützens-werten Minderheit inzwischen nur Privilegien und mißachten die Rechte der natürlichen Mehrheit. Durch diesen in-flationären Mißbrauch der Idee der Rechte wird nicht nur die Autorität des geltenden Rechtes geschwächt und die Durchsetzung der Exekutive des Rechtsstaates ausgehöhlt, sondern es werden die Bürger- und Menschenrechte auf Dauer entwertet. Sie werden zum bloßen Instrument parteipolitischer Zielsetzungen von Minderheiten über eine Mehr-heit, deren Rechte übergangen werden. In Polen und Ungarn von konservativen Rechtspopulisten, in Deutschland von allzu fortschrittsgläubigen Linkspopulististen, die für den postmodernen Zeitgeist anfällig sind, wie z.B. für die Mode des Wokeness-Wahns einer angeblichen Vielfalt von Geschlechtern und der angeblichen Fähigkeit, sein angeborenes natür-liches Geschlecht selbst ändern oder bestimmen zu können.

 

Einem personalistischen Verständnis der Menschenrechte zufolge sind einzelne Menschen nicht bloß abstrakte Individuen ohne natürliche Eigenschaften, sondern leibliche Menschen aus Fleisch und Blut und damit immer auch soziale Wesen in vielfältigen Beziehungen, die einem der beiden natürlichen Geschlechter, Familien, Gruppen, Gemein-schaften und Institutionen, Regionen und Nationen angehören. Einem kommunitaristischen Verständnis der Menschenrechte zufolge haben dann außerdem nicht nur menschliche Individuen oder einzelne Personen Grund-

und Menschenrechte, sondern auch menschliche Gruppen (Juden und Christen, Muslime und Yeziden, Sinti und Roma, etc.) und kulturelle Institutionen, wie z.B. das Recht auf Versammlung und Religionsausübung, etc..

 

Außerdem kommt es auch darauf an, um was für eine Art von Demokratie es sich handelt, die angestrebt werden soll. Es gibt Demokratien, die von plutokratischen Eliten oder von Autokraten oder Oligarchen mit Hilfe von gefälschten Wahlen und vereinnahmten Medien gelenkt werden und es gibt Demokratien in denen Minderheiten nicht hinreichend vor dem Willen der Mehrheit geschützt werden. Außerdem können sich Demokratien auch selbst abschaffen und sich auf ganz demokratischen Wegen in Autokratien und Diktaturen verwandeln. Hitler und die NSdAP kamen anfangs auch durch demokratische Wahlen an die Macht. Das kann gerade auch die Folge einer allzu libertären Demokratie sein, in denen dann bestimmte "politisch-korrekte" Minderheiten ihren vermeintlichen Opferstatus mißbrauchen, um die Interessen der Mehrheit zu mißachten und mit Hilfe bestimmter politischer Parteien, Politiker und Lobbyisten den Kurs der Regierung bestimmen.

 

Es genügt daher nicht, dass eine Nation formal eine Demokratie ist, denn es gibt auch Demokratien ohne einen poli-tisch unabhängigen Rechtsstaat (Polen, Ungarn) und ohne starke freiheitlich-rechtsstaatliche Institutionen (Türkei). Und es gibt Demokratien ohne eine hinreichende Regulierung der Marktwirtschaft und der ökologischen Nachhaltigkeit (USA). Der in Deutschland beliebte sozialdemokratische Slogan "Mehr Demokratie wagen" propagiert Demokratisierung als Selbstzweck, als ob eine Demokratisierung immer zum Besseren führen würde. Das ist jedoch eine große politische Illusion. Denn es gibt viele Probleme, die gar nicht demokratisch durch Mehrheitsbeschlüsse gelöst werden können, sondern wo man die Expertise und Kompetenz von Fachleuten braucht, weil es nun einmal auf Faktenkennntnis und auf wissenschaftliche Expertise ankommt und nicht bloß auf eine auch noch so große Menge und Vielfalt von Meinungen. (Energieversorgung, Daseinsvorsorge, Epidemien, Naturkatastrophen, Verteidigung, Konfliktforschung, etc.)

 

Es ist offensichtlich, dass die liberale Hegemonie der USA aufgrund ihres politischen Sendungsbewusstsein von einer Überlegenheit der amerikanischen Kultur und Nation über andere Kulturen und Nationen ausgeht. Dieses politische Überlegenheitsgefühl betrifft nicht nur andere hegemoniale Nationen, die tatsächlich ein Defizit an Demokratie und Menschenrechten haben, wie China oder Russland, sondern manchmal auch bestimmte Teile Europas, die dann z.B.

als das "alte Europa" abqualifiziert werden oder heimlich von der NSA abgehört werden.

 

Das amerikanische Sendungsbewusstsein kann in anderen Kulturenkreisen, wie z.B. im afrikanischen, arabischen, chinesischen und indischen Kulturkreis nicht ohne Verlust ihrer Selbstachtung akzeptiert werden. Daher stößt es nicht nur in China und Russland, sondern gelegentlich auch in den modernen Demokratien Europas auf Unverständnis und  Widerstand. Das heißt, die USA sind schon lange nicht mehr das strahlende Vorbild einer modernen Demokratie und daher auch kein Modell für Europa (EU). Daher sollte die EU auch ein Staatenbund von weitgehend souveränen Natio-nalstaaten bleiben und kein Bundesstaat der "Vereinigten Staaten von Europa" nach dem Modell der USA werden.

 

Das hegemoniale Selbstverständnis der USA als "größter Nation auf Erden" geht meistens mit einer fehlenden Selbst-kritik einher, zumal die plutokratischen USA selbst starke Defizite hinsichtlich ihrer demokratischen Institutionen und der Realisierung der Menschenrechte in ihrem eigenen Land haben (wachsende Armut, anhaltender Rassismus, massive Drogenprobleme, fehlende Bildungschancen, unzulängliches Gesundheitswesen, hohe Kriminalitätsrate, überfüllte Gefängnisse, fehlende Regulierung des Zugangs zu Kriegswaffen, Ausübung der Todesstrafe, etc.). Außerdem war die Eroberung Nordamerikas vor der politischen Entstehung der USA mit einem flächendeckenden Völkermord an den indianischen Ureinwohnern verbunden, sodass ihr nationales Überlegenheitsgefühl ziemlich unbegründet ist.

 

Das amerikanische Sendungsbewusstsein führt nicht nur zu einem kontinuierlichen Streben nach politischer und ökonomischer, sondern auch nach militärischer Überlegenheit. Dieses Streben nach militärischer Überlegenheit fordert jedoch Russland und China ihrerseits zur Aufrüstung heraus und führt zu einer Rüstungsspirale, die aufgrund der ABC-Waffen mit vielfachen Overkill-Kapazitäten die Zukunft der ganzen Menschheit bedroht. Die Gefahr eines Atomkrieges ist seit dem Ende des Kalten Krieges zwischen der USA und der UdSSR eher gewachsen, weil die nationale und inter-nationale Kontrolle über die Atomwaffen abgenommen hat.

 

Aufgrund eines kulturblinden und nur westlichen Verständnisses der Menschenrechte glauben die politischen Akteure der liberalen Hegemonie der USA nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zu haben, politische und militärische Interventionen in andere Nationen vorzunehmen, um nach der Art einer selbsternannten "Weltpolizei" dort ungefragt; eigenmächtig und ohne Auftrag der Vereinten Nationen Demokratie und Menschenrechte nach ihrem Verständnis zu installieren. Dies ist jedoch außer im Falle Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg noch nie irgendwo gelungen: weder in Vietnam noch in Chile noch im Iran, weder in Afghanistan noch im Irak noch in Libyen.

 

Solche militärischen Interventionen beseitigen zwar oft Autokratien und Diktaturen, hinterlassen jedoch nur allzu oft anarchische Zustände und zerstörte politische Ordnungen, die wie im Irak zu blutigen Bürgerkriegen und wie in Syrien zu schrecklichen Terrorregimen (IS) geführt haben. Der gewaltsame Sturz eines Tyrannen oder eines ungerechten und unfreiheitlichen politischen Regimes ist nicht gerechtfertigt, wenn nicht garantiert werden kann, dass sich danach die Verhältnisse verbessern lassen. Die ungezügelte Sehnsucht nach Verbesserung der Verhältnisse kann auch zu einer "Verschlimmbesserung" führen. 

 

Der angeblich so erstrebenswerte "American way of life" ist keineswegs allgemein empfehlenswert, weil er auf einem ökologisch verantwortungslosen Umgang mit fossilen Energien und anderen Bodenschätzen und auf einem enormen Energieverbrauch basiert, der das Überleben der Menschheit gefährden würde, wenn er auch nur von der Hälfte der anderen Nationen erreicht werden würde. Das wissen ökologische Experten spätestens seit der Veröffentlichung des Buches "Die Grenzen des Wachstums" des Club of Rome vor ca. 50 Jahren.

 

Die libertäre Plutokratie und der ungezügelte Kapitalismus der USA führt seit einigen Jahren zu einer tragischen Selbstzerstörung der demokratischen Institutionen. Das sollte alle Europäer abschrecken und beunruhigen. Die Ur-sachen sind ein überbordendes neoliberales Diversity-Management an Universitäten und in Unternehmen anstelle einer "farbenblinden" Meritokratie (Martin Luther King), eine rigorose Cancel-Culture, fanatische Angriffe auf die kulturelle Überlieferung aufgrund fehlenden historischen Bewusstseins, die selbst rassistische "Critical Race Theory", der für

Kinder und Jugendliche gefährliche Transgenderwahn, etc.

 

Die USA sind spätestens seit der Präsidentschaft von Donald Trump ein zutiefst in zwei politische Lager und in viele ethnische Gruppierungen gespaltene Nation (Tribalisierung). Trotz ihres ihres starken Nationalismus und Patriotismus kann die USA als Nation kaum noch ohne einen gemeinsamen äußeren Feind (China oder Russland) hinreichend zu-sammen gehalten werden. Der von Präsident Trump angeheizte Sturm aufs Kapitol hätte zur Lynchjustiz und zu einem Bürgerkrieg führen können. Trotzdem scheint es immer noch möglich zu sein, dass er wieder kandidiert und gewält wird. Eine Demokratie, die einen derart für sie selbst gefährlichen Präsidentschaftskandidaten nicht auf legalem Weg verhindern kann, hat ein institutionelles Problem. 

 

Die liberale Hegemonie der USA kritisch einzuschätzen bedeutet nicht, zu meinen, dass die Europäer die transatlan-tische Achse zwischen der EU und Nordmerika (Kanada und USA) vernachlässigen könnten, oder gar, dass die NATO aufzulösen wäre oder dass Deutschland aus der NATO austreten sollte, wie einige Linke fordern. Die Europäischen Nationen stehen politisch der dysfunktionalen Demokratie der USA trotz aller Mängel immer noch näher als dem kleptokratischen Putin-Regime in Russland oder der sozialistischen Einparteiendiktatur in der Volksrepublik China.

 

Die sich zur Diktatur entwickelnde Herrschaft des Putin-Regimes ist eine gelenkte Pseudodemokratie ohne einen intakten Rechtstaat und mit einer recht schwachen Marktwirtschaft und ihr Krieg gegen die Ukraine mit all ihren Kriegsverbrechen ist trotz der hegemonialen Bestrebungen der USA und der NATO nicht zu entschuldigen. Politische Dissidenten, kritische Journalisten und populäre Hoffnungsträger der Demokratiebewegung werden umgebracht oder nach Schauprozessen inhaftiert. Dass dieses kleptokratische Regime und der Krieg gegen die Ukraine von den Popen der russisch-orthodoxen Kirche gestützt wird, ist eine Schande und für alle echten Christen inakzeptabel.

 

Auch die neueren hegemonialen Bestrebungen Chinas im pazifischen Raum und entlang der Seidenstraße bis nach Europa sind nicht harmlos und ihre sozialistische Einparteiendiktatur mit der digitalen und biometrischen Überwachung der eigenen Bevölkerung, mit der Unterdrückung der friedlichen, vorwiegend muslimischen Uiguren, mit der rabiaten Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hong Kong und mit der imperialen Absicht der Annexion Taiwans sind auch für Europa gefährlich. Auch ist der Ursprung der Covid-19-Viren immer noch ungeklärt, weil die chinesische Regierung die Aufklärung über die Rolle der gefährlichen Gain-of-Function-Forschung am virologischen Institut in Wuhan immer noch nicht zugelassen hat.

 

Die Interessen Deutschlands stehen im engen Verbund mit den Interessen der anderen Länder Europas. Daher kann es manchmal nötig sein, sich nicht nur von China und Russland, sondern auch von den USA abzugrenzen, wo es um diese eigenen ökonomisch-politischen Interessen, die ökologische Bewältigung der Klimaerwärmung und um den Weltfrieden geht. Denn die Interessen Deutschland und Europas stimmen trotz der transatlantischen Partnerschaft nicht immer mit denjenigen der USA überein. Was nottut, ist eine realistische Außenpolitik der wohlverstandenen eigenen Interessen. UWD