Klimaschutz


 

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Ignorieren geht über probieren

 

Frank Elbe - CICERO ONLINE - 24. September 2019

 

Erst wurde Fridays for Future belächelt, dann beklatscht. Jetzt fehlt es weltweit an dem letzten Willen, klima-freundliche Politik zu realisieren. Aber machen nationale Alleingänge vor diesem Hintergrund überhaupt Sinn?

 

Es ist normal, dass ganze Planeten, wie Stephen Hawking nachgewiesen hat, unwiederbringlich in schwarzen Löchern verschwinden können. Es ist aber nicht normal, dass der Mensch auf der Erde über ein Vernichtungspotenzial verfügt, das für die mehrfache Zerstörung unseres Planeten ausreichen würde.

 

Gegenwärtig halten die Initiatoren von Fridays for Future der Politik eindrücklich ihr Versagen beim Schutz des Klimas vor. Sie tun es mit einer beispiellosen Vehemenz, in einer bisher in diesem Ausmaß nicht bekannten Dimension. Die Politik erschrickt. Sie kann mit diesem Protest nicht richtig umgehen. Wieso eigentlich nicht?

 

Die Menschheit ist tötbar

 

Es gibt seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs kaum einen Philosophen, der sich nicht dem Thema der Zerstörung des Planeten gewidmet hat – teilweise mit überdeutlicher Radikalität. Günther Anders stellte fest, dass aus dem Satz „alle Menschen sind sterblich“ der Satz geworden sei, „die Menschheit als Ganzes ist tötbar“.

 

Wenn solche Erkenntnisse seit nahezu einem Jahrhundert zum zivilisatorischen Wissensstand der Gesellschaft gehören, warum fällt die Politik aus allen Wolken, wenn sich Greta Thunberg mit einem Schild „Schulstreik für das Klima“ präsentiert und binnen kurzem eine unübersehbare Gefolgschaft für die Rettung des Klimas hinter sich bringt?

 

Warum der Hochmut gegen junge Menschen?

 

Warum der anfängliche Hochmut gegenüber jungen Menschen, die die Sicherung ihres künftigen Lebens auf unserem Planeten einfordern? Offensichtlich haben wir es mit einer ungebildeten, vielleicht auch nur vergesslichen Politikerklasse zu tun.

 

Schon 1979 hatte der deutsch-amerikanische Philosoph Hans Jonas in seinem Hauptwerk „Das Prinzip Verantwortung“ festgestellt, dass sich die Politik einer neuen zeitlichen Dimension ihrer Verantwortung bewusst werden müsse: Die Politik habe auch die Auswirkungen ihres aktuellen Handelns auf Kinder und Enkelkinder zu berücksichtigen und ihnen mehr zu hinterlassen als nur die Verwaltung der Folgen ihres verfehlten Handelns.

 

Ist diese Sicht etwas, was bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1987 von der Politik freundlich beklatscht werden darf, aber kaum eine Chance erhält, zu einer Maxime nachhaltigen politischen Handelns zu werden?

 

Der Anschluss nach Korrektur

 

Als die Politik schließlich erkannte, dass real existierende Enkel ihr Interesse am Überleben lautstark deutlich machten, schloss sie sich dem Hype an und – eine weitere Fehlentscheidung – zog das Thema zu einem „single issue“ hoch, als gelte es, andere Bedrohungen für die Weiterexistenz unseres Planeten missachten zu können.Die apokalyptischen Reiter ritten auch nicht allein. Genauso wenig sind die Sünden am Klima monokausal für die mögliche Selbstzerstörung der Welt.

 

Der Planet wird wahrscheinlich noch nicht einmal in erster Linie von Verbrechen an der Umwelt bedroht, sondern auch von der ungezügelten Proliferation nuklearer Waffen, einem ungebremsten Wettrüsten sowie von den Eingriffen in den freien Welthandel. Wenn Staaten ein Monopol für die Produktion und den Vertrieb von Rohstoffen, insbesondere bei Öl und Gas, anstreben und Konkurrenten durch wirtschaftliche Sanktionen und politische Strafmaßnahmen ausgrenzen, gefährden sie den Weltfrieden. Sie verlieren die Kontrolle über die Folgen ihrer Politik.

 

Vorbild für den Rest der Welt?

 

In dieser Situation ist gemeinsames verantwortliches Handeln erforderlich. Es werden jedoch keine Anstrengungen erkennbar; es fehlen Ideen und Instrumente. Der letzte Weltwirtschaftsgipfel zeigt die ganze Fehlentwicklung, die ein ursprünglich sinnvolles, wenngleich auch nicht unumstrittenes Instrument zur Koordinierung politischer und weltwirtschaftlicher Themen genommen hat. Das Treffen ist zu einem Zirkus mit mehreren Manegen verkommen, in denen Gaukler unabgestimmt und öffentlichkeitsgeil ihre Tricks vorführen und für unangenehme Überraschungen sorgen. Die soeben von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen zum Schutz des Klimas sollen ein Vorbild für den Rest der Welt sein.

 

Wahrscheinlich werden die Reaktionen eher hämisch ausfallen. Keine von irgendeinem Staat beschlossene Maßnahme kann mehr sein als ein gut gemeinter Versuch. Das Problem des Klimaschutzes ist nur weltweit zu lösen – unter Beteiligung der Hauptsünder: China, Indien, USA, Russland, Brasilien und andere mehr. Die Frage nach der Tauglichkeit nationaler Initiativen zur Rettung des Klimas wird besser nicht gestellt. Sie würde bei der Demonstration geschlossenen politischen Auftretens zur Rettung der Großen Koalition auch nur stören.

 

 https://www.cicero.de/innenpolitik/klimaschutz-fridays-for-future-klimapolitik-klima-klimaschutzpaket?

 


 

Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.

 

Rosa Luxemburg

 

 Apropos: "Listen to schience!"

 

Die Rede von "der Wissenschaft" im Singular ist ebenso ideologisch wie die Rede von "der Religion" im Singular. Dabei handelt es sich nur noch um Schlagworte der politischen Propaganda, die die Autorität wissenschaftlicher Erkenntnis bzw. religiöser Einsicht für politische Zwecke zu instrumentalisieren versucht. Wer behauptet, dass sich alle Wissen-schaftler in einer bestimmten Frage einig sind, hat bereits den wissenschaftlichen Diskurs zu Zwecken der Demagogie verlassen. Ideologische Schlagworte sind bloß emotionale Signale, die einen affektiven Reiz-Reaktions-Mechanismus auslösen, wie der Knochen bei Pawlows sabberndem Hund.

 

Echte Wissenschaft bedarf hingegen des Mutes zur Aporie, der Freiheit zur Skepsis, des Spielraumes für methodische Forschung, des Freiraumes zur Präsentation gegenteiliger Resultate, des Zeitraumes für eine konzentrierte Diskussion mit offenem Ausgang. Das alles scheint kaum noch möglich, wenn sich Massen von Menschen mit ihren ideologischen Mantren und politischen Kampfliedern durch die Straßen bewegen. Wo Andersdenkende ausbegremst und unterdrückt werden, beginnt der totalitäre Weg in eine anti-demokratische und anti-rechtsstaatliche Diktatur. Das gilt auch dann, wenn es sich um eine gut gemeinte Ökodiktatur handeln würde. Alle Diktaturen haben mit gut gemeinten politischen Zielen begonnen, die in ihrer fanatischen Eindimensionalität zu einer politischen Ideologie erstarrt sind. Dann wurden Andersdenkende im Namen der Maxime unterdrückt, dass der (vermeintlich gute) "Zweck die Mittel" heiligt.

 

Panische Fanatiker reagieren entweder mit uneingeschränkter Zustimmung oder bedingungsloser Ablehnung, von Angst erfüllte Manichäer halten die Welt für einen Kampfplatz zwischen Guten und Bösen, zwischen den Kräften des Lichtes und solchen der Finsternis, totalitäre Aktivisten (wie z.B. von Extinction Rebellion) und extremistische Politiker unterscheiden nur zwischen Freund und Feind wie Soldaten im Krieg. Ob in Religion oder Politik, pessimistische Apokalyptiker und optimistische Euphoriker sind meistens weniger vertrauenswürdig als nüchterne Realisten.

 

Echte Wissenschaftler, Philosophen und Theologen, seriöse Mediziner, Juristen und Ökonomen denken hingegen begrifflich differenziert und wägen ab zwischen starken und schwachen Argumenten für bestimmte Thesen, Hypo-thesen oder Theorien. Bürger und Politiker, die sie ernst nehmen, bleiben standhafte Demokraten und respektieren ihre andersdenkenden Gegner. In populistischen Massenbewegungen mit apokalyptischer Grundstimmung und panischem Fanatismus bleibt diese differenzierende und respektvolle Einstellung meistens allzu schnell auf der Strecke.

 



 

Data Science vs Fake: Der Verkehr ist Hauptverursacher für Treibhausgas-Emissionen

 

https://www.arte.tv/de/videos/089156-006-A/data-science-vs-fake/

 

Da diese Behauptung falsch ist, kann die geplante Umstellung des Straßenverkehrs von Verbrennungsmotoren auf Elektromobilität das bleibende Problem der Erderwärmung gar nicht lösen, wie immer wieder angenommen wird.