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„Dimension und Art des Betrugs sind unvorstellbar“

 

INTERVIEW MIT LOTHAR BINDING, SPD am 1. Juli 2020 im CICERO ONLINE

 

Im Wirecard-Skandal macht der finanzpolitische Sprecher der SPD, Lothar Binding, dem Koalitionspartner schwere Vorwürfe. Die Union blockiere Finanzmarkt-Regulierungen, Transparenzregister und ließe Steuer-Schlupflöcher für eine ganz bestimmte Klientel.

 

Lothar Binding ist der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

 

Herr Binding, Ihre Parteiführung wirkt im Fall Wirecard auffallend sprachlos. Warum, weil man schlicht ahnungslos ist?

 

Natürlich kann jemand noch nichts sagen, solange nicht klar ist, was genau passiert ist. Das hat nichts mit Ahnungslosigkeit zu tun. Ahnungen kann man leicht haben, auch wenn Fakten fehlen. Womöglich hat jeder schon mal irgendeine Gaunerei begangen. Man kann sich allerlei vorstellen. Wie etwa eine Eisdiele Geldwäsche betreiben könnte, wie eine Gaststätte Kassenbetrug begeht oder wie jemand seine Haushaltshilfe schwarz beschäftigt. Aber im Fall Wirecard sind Dimension und Art des Betrugs, ihn zu planen und zu initiieren, unvorstellbar.

 

Wie meinen Sie das konkret?

 

Das Beispiel mit der Eisdiele liegt irgendwie in unserer Vorstellungswelt, wir essen gern Eis. Sie können beim Einkauf oder im Verkauf manipulieren. Sie können beim Bonieren tricksen, indem Sie keine Quittung geben und vieles mehr. Aber schon wenn es um den Begriff Bilanz geht, entsteht eine gewisse Distanz. Und richtig abstrakt wird es, wenn es um Bilanzmanipulationen geht. Wir haben mal entlang der Bilanz-Kennzahlen versucht herauszufinden, wie hoch eigentlich die Provision bei Versicherungsmaklern ist. Es war quasi unmöglich, den Verbrauchern einen verbindlichen Vergleich zu geben. Wenn es um Aktien oder den Börsenhandel geht, finden wir inzwischen eine Entkopplung von der realwirtschaftlichen Welt, von unserer Lebenswirklichkeit in einem Ausmaß, dass kaum noch jemand mitkommt. Vor zwei Tagen erhielt ich eine Mail von einem Bürger, der wusste, dass „jeder Aktionär zwingend an steigenden Kursen interessiert“ sei. Alles andere sei doch „verrückt“. Er kritisierte eine Bemerkung von mir über mögliche Störungen der Marktintegrität durch short selling, durch Leerverkaufsaktivitäten, in Kombination mit negativer Berichterstattung.

 

Aufgabe der Regierung und ihrer Aufsichtsbehörden aber ist es doch gerade, da mitzukommen. Sie sind doch am Ende verantwortlich.

 

Sie haben Recht. Es wird nun aufgeklärt. Aber es wird nicht leicht sein, die wahren Verantwortlichen zu finden. Selbst die Wirtschaftsprüfer von KPMG haben ja die Wahrheit nicht gefunden, sondern nur festgestellt, dass da etwas bei der Wirecard AG (Holding) nicht stimmt. Das heißt, selbst erfahrene Leute, die ganz tief in die Bilanzen gucken können, in die Zahlungsströme, finden die wahren Hintergründe und Ursachen nicht.

 

Würden Sie den BaFin-Chef Felix Hufeld entlassen wollen?

 

Jetzt Herrn Hufeld zu entlassen, käme einer Vorverurteilung gleich. Erst sollten wir unser Wissen mehren und dann entscheiden, wer welche Verantwortung zu tragen hat. Aus meiner Sicht ist der langjährige CEO Markus Braun aber in jedem Fall verantwortlich. Leute wie er sind es, die der Politik immer erzählen, warum Regulierung dem Finanzmarkt angeblich schadet.

 

Es gibt ja bereits Regulierungen, und deren Einhaltung überwacht die BaFin.

 

Ja, und das ist unsere Aufsichtsbehörde, als nachgeordnete Behörde des Finanzministeriums. Wenn der Präsident der BaFin Herr Hufeld heute in den Finanzausschuss kommt, werde ich ihm Fragen stellen: ob es Hinweise der Staats-anwaltschaft gab, wen er mit der Prüfung beauftragt hat und ob die Prüfergebnisse zeitnah eingefordert wurde. Natürlich auch, ob die Befugnisse der BaFin für solche Betrugsunternehmen ausreichend sind.

 

Erst sagte Olaf Scholz, die BaFin habe nichts falsch gemacht, dann plötzlich doch, als das nicht mehr zu halten war. Wie erklären Sie die schnelle Kehrtwende Ihres Finanzministers?

 

Für einen guten Arbeitgeber, der die Dienst- und Rechtsaufsicht hat, ist es erstmal in Ordnung zu sagen: Mein Haus hat das richtig gemacht. Um Vorverurteilungen zu vermeiden, stellt man sich vor seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im zweiten Schritt muss dann die interne Prüfung beginnen, dann geht man in die Details und stellt fest, was war. Und dabei hat der Chef der BaFin, Herr Hufeld, selbst gesagt, das Ganze sei ein Desaster. Ein Desaster nicht nur für die BaFin, für viele Beteiligte.

 

Es bleibt der Eindruck, dass die neuen Finanzdienstleistungen, wie die von Wirecard für die Behörden und die Politik Neuland sind. Sie sprechen von einer Art Ohnmacht. Wie kommen wir da heraus?

 

Wir müssen die Kompetenzen der BaFin erweitern. Sie muss kurzfristig prüfen können und schon bei einem Anfangsverdacht oder bei Hinweisen sofort selbstständig aktiv werden. Die Finanzdienstleistungen sind auch nicht das Problem – der unerkannte Betrug macht ohnmächtig. Leider verweigert sich die Union immer wieder, hier strikter vorzugehen, die öffentlich rechtliche Aufsicht zu stärken, schärfer zu regulieren. Der aggressive Lobbyismus in diesem Bereich scheint zu verfangen, ist gar im Parlament angekommen. Die Finanzanlagen-Vermittler etwa sperren sich mit Händen und Füßen, von der BaFin beaufsichtigt zu werden. Das hat natürlich einen Grund: Keiner will die BaFin als Aufsicht, weil die natürlich kompetent, unabhängig und schlagkräftig ist. Es sei denn, sie wird gebremst.

 

Warum ist dieser Lobbyismus so erfolgreich?

 

Wenn es um Regulierung geht, kommt sogleich die Drohung, abzuwandern. Ein Totschlagargument. Knowhow, Arbeitsplätze undsoweiter würden dann aus Deutschland verschwinden. Es ist aber nicht so, dass alle Unternehmer denken: Moment, da werde ich ordentlich kontrolliert, da gehe ich nicht hin. Ich denke, dass die guten und ehrlichen Unternehmen hier bleiben werden und die anderen, die will ich auch gar nicht haben. Die ewige Forderung, wir sollen die Gesetze einfacher machen, vergisst, dass man komplexem Betrug nicht mit einfachen Regeln Herr werden kann. Wenn im Parlament vielleicht 40 Menschen an einem Gesetz arbeiten, dann arbeiten ungefähr eine Million Leute außerhalb des Parlaments mit einer Bilanzsumme von 150 Milliarden längst dagegen, suchen Schlupflöcher, nehmen Einfluss.

 

Ein Problem scheint ja darin zu liegen, dass wir Regulierungen haben aus einer Zeit, in der eine Bank eben noch eine Bank war.

 

Ja, heute überschneiden sich gerade in der Finanzbranche alle möglichen Transaktionen, Dienstleistungen und technischen Dienstleistungen. Zum Beispiel die Finanzdienstleistungen von Google. Sind das bankenähnliche Dienstleistungen oder etwas anderes? Die Trennung von Bank und Nichtbank, die wir früher in Gesetzen abgebildet haben, müssen wir überarbeiten, und zwar nicht, weil wir damals schlampig waren, sondern weil die Digitalisierung bestimmte Grenzen verwischt. Wir müssen auch überprüfen, ob die Organisation der Aufsicht und ihre Prüfungs-verfahren heute noch zeitgemäß sind.

 

Ob Finanzmarktregulierungen oder Tierwohl-Label. Wir leben in einer globalisierten Welt. Und Politiker sagen gerne, nationale Lösungen würden nichts bringen. Man müsse das europäisch oder international lösen. Klingt das nicht nach Ausrede?

 

Das ist eine tolle Forderung. Das weiß ich. Aber wenn ich höre, da muss etwas weltweit passieren, bedeutet das oft, dass nichts passieren soll, denn in der Welt finden sich immer einige Staaten, die sich verweigern. Wir haben einen enormen Wirtschaftsraum in Europa. Die europäische Aufsicht (ESMA) könnte sich schon noch mal mehr überlegen, denn das eigentliche Problem, auch bei der Wirecard AG sind ja grenzüberschreitende Aktivitäten unter Beteiligung dritter Unternehmen im Ausland. Auch die ESMA will den Wirecard-Vorfall jetzt prüfen. Das ist gut. Wie schwer sich Unionskollegen tun, sehen wir an den Anzeigepflichten von Steuergestaltungen, eine Art Frühwarnsystem für Steuerschlupflöcher.

 

Aber die Union stellt sich doch nicht hin und sagt: Super, hier lassen wir euch eine Grauzone, damit ihr weiter mauscheln könnt. Welche Klientel soll denn Ihrer Meinung nach bedient werden?

 

Jeder CDU Kollege wird Ihnen sagen, dass er natürlich strenge Aufklärung und gute Regulierung will. Aber wir hören die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer im Finanzausschuss, die ihre Bedenken gegen viele Regulierungen vortragen und dabei natürlich ihre berufsspezifische Sicht alle anderen Argumente dominiert. Natürlich wollen Steuerberater möglichst wenig Bürokratie. Aber so entstehen permanent Erklärungen, warum alles nicht geht. Die Bonpflicht gegen Kassen-betrug wurde im Dezember 2016 beschlossen, sollte am 1. Januar 2020 kommen, es gilt eine Übergangsfrist bis September 2020 und wird immer noch bekämpft. Die allgemeine Kassenpflicht wurde von Anfang an verhindert – um nur zwei Beispiele zu nennen. Das zieht sich durch viele Themen: die Erbschaftssteuer, die Grunderwerbssteuer, die Grundsteuer. In vielen Gesetzen finden sich Schlupflöcher, um ganz bestimmten Leuten die Möglichkeit zu geben, Steuern zu sparen. Und all das reicht natürlich auch tief hinein bis in die Fragestellung der Aufsicht durch die BaFin im Kontext von Wirecard.

 

Und Sie wollen, klassisch sozialdemokratisch, mehr Staat?

 

Wissen Sie, es geht um Betrug und um dessen Abwehr. Man muss es eben einfach sagen: Betrugsabwehr ist aufwendig. Bestrafung von Betrügern ist auch aufwendig. Wir haben Gefängnisse, wir haben die Staatsanwaltschaft, wir haben die Polizei, wir haben alles Mögliche. Wir betreiben einen gigantischen Aufwand für eine kleine Gruppe in Deutschland, die betrügerisch unterwegs ist. Die Ehrlichen bezahlen das alles mit Zeit, Geld, Mühsal. Wir sollten als Gesellschaft sagen: Betrüger sind in unserer Kultur unerwünscht, weil sie die Gesamtgesellschaft nach unten ziehen und viel mehr ruinieren, als sie je beitragen.

 

Aber warum fallen den Behörden diese riesigen Skandale immer erst auf, wenn es eigentlich zu spät ist? Nehmen wir den Cumex-Skandal?

 

Es ist in gewisser Weise normal, dass wir immer erst merken, was schief läuft, wenn etwas schief geht. Während es betrieben wird, kann es oft gar nicht auffallen, denn Finanzströme sind in großen Volkswirtschaften, auch in Deutsch-land extrem groß. Einfach gesagt, wenn bei Cum-Ex 20 Milliarden bewegt werden, fällt das kaum auf, weil zeitgleich viel größere Summen bewegt werden. Da sind wir wieder bei der Unvorstellbarkeit und der Entkoppelung von unserer Wirklichkeit. Ökonomisch aber auch moralisch. Es gibt einfach Dinge, die sind für mich unfassbar. Während die Staaten, also wir alle und speziell Deutschland den privaten Banken in der Bankenkrise richtig geholfen hat, haben diese den Libor manipuliert. Was ist das? Während ich Ihnen mit Befreiungsgriffen helfe und Sie aus dem Wasser ziehe, klauen Sie mir meine Badekappe?

 

Und die Politik hat eigentlich nie eine Chance, weil Banken nunmal systemrelevant sind?

 

Deshalb mag ich das Wort Bankenrettung nicht. Eigentlich muss es heißen Kundenrettung. Eine Bank ist im Grunde der Mittelsmann zwischen Sparern und Kreditnehmern. Deshalb haben Banken eine wirklich wichtige Funktion. Weder die Einleger, die Sparer, noch die Kreditnehmer dürfen ihr Geld verlieren. Aber wir müssen die Übersicht behalten können. Denn was bei Wirecard passiert ist, war ja zunächst die Dienstleistung: business to business Zahlungsverkehr. Da kommen schnell große Beträge zusammen, weil die Geschäftspartner untereinander eben nicht nur mit Kaugummi handeln. Das kann schnell undurchsichtig werden und unauffällig bleiben. Die Fäden laufen fernab aller Öffentlichkeit, oft in ausländischen Töchtern, zusammen.

 

Was sagen Sie eigentlich den Menschen, die Wirecard-Aktien gekauft haben?

 

Wer nur Wirecard-Aktien gekauft hat, hat den Grundsatz der Risikostreuung sicher vernachlässigt, wollte besonders schlau sein. In solchen Fällen muss man mit einem Totalausfall rechnen. Bei guter Risikostreuung, schon im Dax, ist die Beimischung von Wirecard von geringer Bedeutung, die Verluste gering. Es gibt die Forderung, der Staat solle für die Spekulationsverluste einstehen. Aber das ist schwierig, denn die Steuerzahler, die sich an diesen Geschäften nicht beteiligen, werden sich schwer tun für jemanden, der letztendlich spekuliert hat, die Verluste zu tragen.

 

Aber der Staat wirbt auch dafür, dass Menschen eine private Altersvorsorge haben. Was denn nun? No risk, aber no fun?

 

Ich sage genau das umgekehrte: Wenn jemand auf diese Weise zusätzlich vorsorgen will, soll er das machen. Privat ist dann privat. Aber er soll es nicht müssen. Wir brauchen die erste Säule der Rentenversicherung, den Generationenvertrag. Die Gesetzliche Rentenversicherung muss eine Erwerbstätigen-Versicherung werden, in die alle einzahlen, aus der alle genug für ein würdevolles Leben bekommen.

 

Wie würden Sie den nachhaltigen Schaden des Wirecard-Skandals beschreiben?

 

Es ist eine Art Demoralisierung. Man bekommt ein Gefühl davon, dass es kaum ein Wertesystem gibt, in dem man sich sicher fühlen kann. Mich hat es gewundert, dass eine Reihe verschiedener Banken, von der Deutschen Bank bis zur österreichischen Raiffeisenbank der Wirecard AG Kredite in Höhe von bis zu 200 Millionen gewähren und nicht merken, dass da etwas nicht stimmt. Obwohl ein Drittel der Bilanzsumme von Wirecard fake ist. Da rückt ein Unternehmen in den Dax auf, und keiner bei der Börse merkt, dass da etwas nicht stimmt. Da prüfen die mächtigsten Wirtschafts-prüfungsgesellschaften der Welt und merken über Jahre nichts und können trotz vermutlich gefälschter Bank-bestätigungen die tatsächlichen Betrugskonstruktionen nicht transparent machen. Wir können nur vermuten, mit welch krimineller Energie der Vorstand von Wirecard gearbeitet hat. Hier ist zu erkennen, warum Transparenz für uns eine solch große Bedeutung hat. In der Wirtschaft wie in der Politik. Im Bundestag sollten wir schon mal mit dem Transparenzregister beginnen. Das wird seit Jahren blockiert.

 

Wie halten Sie es denn selbst mit den Kontakten?

 

Viele Lobbyisten wissen, dass ich bei Lobbycontrol hochempfindlich bin. Ich bin gar nicht gegen Lobbyismus. Ich bin für Lobbyismus. Aber er muss endlich transparent werden. Und es gilt stets Lobbyisten aus allen Richtungen zuzuhören. Denn dann habe ich von allen gehört, kenne viele verschiedene spezielle Sichtweisen, lerne viel und kann mir ein Urteil im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger bilden. Aber in dem Moment, in dem ich einem Lobbyisten folge oder gar von einem Lobbyisten nicht nur sein Papier, sondern noch mehr annehme, dann wird es kritisch. Der Fall Amthor ist dafür ein Beispiel. Und das eigentliche Problem für uns: Wir finden nicht immer Mehrheiten für eine saubere Politik.

 

Das Interview führte Bastian Brauns, Ressortleiter Wirtschaft bei Cicero.

 

https://www.cicero.de/wirtschaft/wirecard-bafin-lothar-binding-markus-braun-olaf-scholz-union/plus

 



 

Deutschland hat ein massives Problem mit Finanzkriminalität

 

EIN GASTBEITRAG VON GERHARD SCHICK am 31. August 2020 im CICERO ONLINE

 

Im Wirecard-Skandal wird es keine echten Konsequenzen geben, glaubt Gerhard Schick, Gründer der „Bürger-bewegung Finanzwende“. Dabei habe Deutschland ein massives Problem mit Finanzkriminalität. Opfer seien ehrliche Unternehmer und Steuerzahler, deren Geld immer wieder ergaunert werde.

 

https://www.cicero.de/wirtschaft/wirecard-skandal-konsequenzen-bafin-wirtschaftspruefer-gerhard-schick

 


 

CumEx- und CumCum-Geschäfte rauben dem Staat Milliarden an Steuereinnahmen!

 

Was haben Commerzbank, einige Volksbanken, Sparkassen und die sparkasseneigene DeKa-Bank gemeinsam?

 

Sie alle waren an den milliardenschweren, illegalen Geschäften beteiligt, die in diesen Tagen endlich eine breite mediale Öffentlichkeit erfahren: den CumCum-Geschäften.

 

CumCum könnte man als großen Bruder von CumEx bezeichnen. Auch bei CumCum haben sich die Täter Steuern erstatten lassen, ohne dass sie darauf ein Anrecht hatten. Die Summe, um die der deutsche Fiskus nach neuen Informationen betrogen wurde, beträgt 28,5 Milliarden Euro!

 

Mit unserer Arbeit zu CumEx haben wir bereits viel erreicht. Endlich werden Täter ermittelt und Strafverfahren eingeleitet. Nun sagen wir CumCum den Kampf an und wollen so viel CumCum-Geld wie möglich zurückholen. Wie bei CumEx werden wir einen langen Atem benötigen. Unterstützen Sie uns dabei, bis zum Erfolg durchzuhalten: Werden Sie heute Finanzwende-Fördermitglied!

 

Gegen einige der ermittelten Täter der CumEx-Geschäfte wurden Strafverfahren eingeleitet. Aber in Sachen CumCum tut sich weiterhin fast nichts. Dabei ist der geschätzte Schaden aus CumCum-Geschäften mehr als doppelt so groß wie bei den CumEx-Geschäften. Die mangelnde Aufarbeitung schien lange politisch gewollt. Im November 2016 und im Juli 2017 schickte das Bundesfinanzministerium Schreiben an die Bundesländer, mit denen der Großteil der CumCum-Geschäfte quasi reingewaschen und die generelle Aufarbeitung verhindert wurde. Die Schreiben wurde Berichten zufolge auch unter Druck einzelner Landesregierungen verfasst, die ihre involvierten Landesbanken vor hohen Rückforderungen schützen wollten.

 

Mit schweren Folgen: Noch immer gibt es kaum Bemühungen, die illegal angeeigneten Gelder zurückzuholen. Weder legen die Banken ihre Rolle bei CumCum offen und zahlen die entsprechenden Gewinne zurück, noch werden die Finanzämter oder die Staatsanwaltschaften in Sachen CumCum systematisch aktiv. Gerade mal 135 Millionen Euro – nicht mal ein halbes Prozent des Gesamtschadens – wurden bis Ende 2020 bundesweit an CumCum-Geldern zurück-geholt.

 

Das ist erschreckend und zutiefst ungerecht, doch für uns von Finanzwende leider nichts Neues. Denn aus unserer Arbeit zu CumEx wissen wir, dass wir Durchhaltevermögen, Öffentlichkeit und eine große Anzahl von Unterstützerinnen und Unterstützern brauchen, damit unsere Forderungen Gehör finden. Was uns bei CumEx gelungen ist, wollen wir auch bei CumCum schaffen. Bitte unterstützen Sie uns dabei künftig mit einer Fördermitgliedschaft.

 

Wir haben gute Chancen, dass wir gerade jetzt eine Kehrtwende bei der Aufarbeitung der CumCum-Geschäfte einleiten können. Vor drei Monaten hat das Bundesfinanzministerium seine Fehler von 2016 und 2017 mit neuen Schreiben an die Bundesländer korrigiert. Das heißt: Der Aufarbeitung der Geschäfte steht jetzt nichts mehr im Wege. Entscheidend ist nun, dass die Länder aktiv werden.

 

Ohne den Druck aus der Zivilgesellschaft droht das Thema aber wieder unter den Teppich gekehrt zu werden. Wir müssen deshalb das Schlaglicht der Öffentlichkeit auf CumCum halten. Die Länder müssen die benötigten Mittel zur Verfügung stellen, damit die Finanzverwaltungen die Gelder zurückfordern können. Und das eilt. Denn wie bei den CumEx-Geschäften, drohen auch bei den CumCum-Geschäften Rückforderungen zu verjähren! Sorgen Sie dafür, dass wir jetzt aktiv werden können und werden Sie Finanzwende-Fördermitglied.

 

Unser Druck hat in der Vergangenheit bereits Wirkung gezeigt. Unsere Arbeit hat mit dazu geführt, dass die ermittelnde Staatsanwaltschaft Köln und die ihr zuarbeitenden Stellen der Kripo und der Steuerfahndung massiv aufgestockt wurden, um CumEx-Fallkomplexe vor Gericht zu bringen und das Steuergeld zurückzuholen. Das zeigt, dass wir gemeinsam Veränderung bewirken können.

 


 

ARTE - Dokumentation - Wirecard - Die Milliardenlüge

 

https://www.arte.tv/de/videos/100289-000-A/wirecard-die-milliarden-luege/

 


 

Der „Pinocchio-Kanzler“ und seine Helfer in Justiz und Medien

 

Durch die Freigabe eines geheimen Protokolls ist offiziell, was ohnehin offensichtlich war: Olaf Scholz‘ „Erinne-rungslücken“ im Cum-Ex-Skandal sind eine schlechte Ausrede. Doch die Hamburger Staatsanwaltschaft und dem Kanzler wohlgesonnene Journalisten geben noch einmal alles, um ihn zu schützen.

 

Ulrich Thiele am 9. Januar 2023 in CICERO ONLINE

 

Ausgerechnet die sonst Scholz-kritische Bild-Zeitung berichtet im Cum-Ex-Skandal wie eine inoffizielle SPD-Pressestelle. Zumindest die Hamburg-Redaktion der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands verbreitet in der Causa Warburg-Bank wiederholt (siehe hier und hier) derart offensichtliche Falschbehauptungen, dass sich der Verdacht gezielter Desinfor-mation aufdrängt. „Das steht wirklich im Cum-Ex-Protokoll des Bundestags“, betitelte Redakteur Markus Arndt seinen Artikel vom 30. Dezember, der Scholz einen Freispruch in Sachen „Erinnerungslücken“ erteilt, obwohl ebenjenes Proto-koll der offizielle Beweis dafür ist, dass diese eine schlechte Ausrede sind. Doch dazu später mehr.

 

Auf Nachfrage verschwieg SPD die Treffen

 

Olaf Scholz behauptet bekanntlich, sich an seine Treffen mit Warburg-Chef Christian Olearius nicht erinnern zu können. Von 2007 an machte die Hamburger Warburg-Bank durch Cum-Ex-Geschäfte, bei denen sich die Akteure durch Tricks einmal abgeführte Kapitalertragsteuern mehrfach erstatten ließen, auf Kosten des Steuerzahlers Gewinne im dreistel-ligen Millionenbereich. Nachdem Cum-Ex für illegal erklärt wurde, stellte das Finanzamt Hamburg Rückforderungen.

 

Scholz, damals Erster Bürgermeister der Hansestadt, traf sich 2016 zwei Mal mit Olearius, gegen den bereits wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Olearius überreichte Scholz ein Schreiben mit Argumen-ten, warum seine Bank das Cum-Ex-Geld nicht zurückzahlen solle. Nach einigen Tagen rief Scholz Olearius proaktiv an und empfahl ihm, das Schreiben an den damaligen Finanzsenator Peter Tschentscher weiterzuleiten.

 

„Wer verschweigt, hat etwas zu verbergen“

 

Acht Tage später die freudige Nachricht: Das Finanzamt hatte eine 180-Grad-Kehrtwende gemacht und ließ die Rück-forderung in Höhe von 47 Millionen Euro verjähren. Scholz verschwieg die Treffen, auch jenes dritte im Jahr 2017, als sich das Prozedere nach einer weiteren Rückforderung, diesmal in Höhe von 43 Millionen Euro, wiederholte. Noch im No-vember 2019 lautete die Antwort der Hamburger SPD auf eine Kleine Anfrage der Linken, es habe keine persönlichen Gespräche zwischen Senatoren und der Warburg-Bank über das Cum-Ex-Verfahren gegeben.

 

Ulrich Thiele ist Redaktionsmitglied bei Cicero und lebt in Hamburg. Auf Twitter ist er als @ul_thi zu finden.

 

Cum-Ex-Skandal - Der „Pinocchio-Kanzler“ und seine Helfer in Justiz und Medien | Cicero Online

 


 

Oliver Schröm, Oliver Hollenstein,

Die Akte Scholz, Der Kanzler, das Geld und die Macht

 

Einzigartige Einblicke in die Hinterzimmer der Macht

Berlin: Chr. Links Verlag 2022

Verräterische Chatverläufe, gelöschte Beweismittel, mehr als 200 000 Euro Bargeld im Bankschließfach eines SPD-Strippenziehers: Es gibt jede Menge Merkwürdigkeiten in dem Steuerskandal um die Hamburger Warburg-Bank. Und mittendrin: Olaf Scholz, seinerzeit Bürgermeister der Hansestadt. Keine andere Affäre ist so gefährlich für den heutigen Bundeskanzler. Und keine verrät so viel über ihn.

Oliver Schröms und Oliver Hollensteins preisgekrönte Recherchen zum Thema haben zur Einsetzung eines Unter-suchungsausschusses geführt und brachten den Kanzler im Sommer 2022 international in die Schlagzeilen. In diesem Buch erzählen sie, mit welchen Tricks und Täuschungen Scholz' Rolle im Fall Warburg bis heute verschleiert werden soll. Und sie zeigen, was für ein Mensch sich hinter dem Image verbirgt, das Scholz während seiner Karriere sorgfältig ge-pflegt hat - und das ihn bis ins Kanzleramt gebracht hat.

»Diese sehr engmaschige Dokumentation im Tagebuchstyle, sehr nüchtern aufgeschrieben, (...) sehr faktenorientiert, (...) hat uns von der ersten bis zur letzten Zeile fasziniert.« Aus der Laudatio zur Verleihung des Deutschen Journalisten-preises an die Autoren

 


 

Oliver Schröm, Die Cum-Ex-Files

 

Der Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen - und wie ich ihnen auf die Spur kam

Berlin: Chr. Links Verlag 2021

 


 

Liebe Freundinnen und Freunde der Finanzwende,

 

es wird Sie kaum überraschen: Die Deutsche Bank will auch für das vergangene Jahr Boni in Milliardenhöhe auszahlen. Ohnehin gibt es bei der Deutschen Bank mehr als 500 Einkommensmillionäre – mehr als bei jedem anderen Dax-Konzern. Währenddessen machen vielen Menschen die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise der letzten Jahre zu schaffen. Viele wissen nicht, wie sie am Ende des Monats ihre Miete zahlen sollen. Wir sagen: Das ist nicht fair. Doch wir sagen auch: Gemeinsam können wir das ändern!

 

Am 16. Mai findet die Hauptversammlung der Deutschen Bank statt. Finanzwende wird dort einen Gegenantrag für eine Bonus-Bremse einreichen. Darin fordern wir, dass Boni erst dann gezahlt werden, wenn die Bank stabil aufgestellt ist, also genug Eigenkapital hat. Unterschreiben Sie jetzt, um ein besonders starkes Zeichen zu setzen!

 

Fette Boni nicht länger hinnehmen: Bonus-Bremse jetzt!

 

Es war eine Lehre aus der Finanzkrise, dass Manager-Boni beschränkt werden müssen, da sie Anreize für kurzfristiges und riskantes Handeln setzen. Die Europäische Union erkannte in der völlig ungezügelten Boni-Kultur eine der Krisenursachen und führte einen Deckel für die Extra-Gehälter ein. Doch noch immer dürfen Boni das Doppelte des regulären Einkommens betragen, wenn die Hauptversammlung dem zustimmt. Zuletzt wurde selbst diese Begrenzung vom Vorstandschef der Deutschen Bank, Christian Sewing, in Frage gestellt. Und das, obwohl ein kleiner Kreis an Entscheidungsträger*innen zusätzlich zu ihrem regulären Gehalt im Schnitt schon jetzt mehr als eine halbe Million Euro jährlich an Bonuszahlungen erhalten. Doch das reicht dem Deutsche-Bank-Chef offenbar nicht.

 

Begründet werden die nach wie vor gigantischen Summen mit der hohen Verantwortung der Entscheidungsträger*innen – und damit, dass diese nur im Erfolgsfall gezahlt würden. Denn offiziell ist die sogenannte variable Vergütung eine Belohnung für besondere Leistungen. Doch die Realität sieht anders aus: Immer wieder hat die Deutsche Bank Boni auch unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Instituts ausgezahlt. Für 2023 hat der Aufsichtsrat die Boni der Deutsche-Bank-Vorstände zwar gekürzt, Geld gab es aber immer noch. Trotz des Desasters rund um die Übernahme der Postbank. Das widerspricht nicht nur dem Leistungsprinzip, es birgt auch gefährliche Anreize für riskantes Verhalten: Wenn die Banker*innen erfolgreich sind, winken fette Gewinne. Doch wenn sie Misserfolg haben, fällt die Belohnung allenfalls etwas kleiner aus. Echte Konsequenzen müssen sie nicht fürchten.

 

Boni-Wahnsinn ein Ende bereiten!

 

Die Stabilität der Finanzmärkte ist uns bei Finanzwende ein besonderes Anliegen. Nur stabile Finanzmärkte können die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig unterstützen – und gleichzeitig garantieren, dass Steuerzahler*innen nicht immer wieder Milliarden in die Hand nehmen müssen, um wackelnde Banken zu retten. Deshalb müssen wir dem Boni-Wahnsinn endlich ein Ende bereiten.

 

Noch immer sind viele Banken, so auch die Deutsche Bank, krisenanfällig. Es ist nicht sicher, dass die Bank über den notwendigen Eigenkapitalpuffer verfügt, der sie im Ernstfall absichert. Für mehr Eigenkapital sei kein Geld da, heißt es immer wieder. Doch für schwindelerregende Bonus-Zahlungen brachte die Deutsche Bank sogar in schlechten Jahren das Geld auf. Das passt nicht zusammen. Wir fordern deshalb: Erst Stabilität, dann Bonuszahlungen. Boni sollten erst dann ausgezahlt werden, wenn die Bank mit mindestens 10 Prozent ungewichtetem Eigenkapital stabil finanziert ist. Helfen Sie mit Ihrer Unterschrift, für mehr Stabilität zu sorgen.

 

Jetzt für mehr Stabilität unterschreiben!

 

Vielen Dank für Ihren Einsatz.

 

Ihr

Gerhard Schick

Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende e. V.

 

 

PS: Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, hat allein im vergangenen Jahr mehr als das 115-Fache des Jahresgehalts von Pflegekräften als Bonuszahlungen ausgezahlt bekommen. Diese Differenz finde ich schockierend. Um diesem Missstand etwas entgegenzusetzen, haben wir diese Petition ins Leben gerufen.

 

Helfen Sie uns jetzt bei unserem Vorhaben. Unterzeichnen Sie die Petition!

 

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