Leib-Seele-Problem

 

 

 

Das sog. Leib-Seele- Problem in der zeitgenössischen Philosophie

 

 

Das sog. Leib-Seele- Problem handelt im Wesentlichen von und selbst und unserer gemeinsamen menschlichen Natur. Nachdenkliche Mensch staunen und wundern sich manchmal: Wer bin ich und was ist meine menschliche Natur, die ich mit anderen Menschen teile?

 

Der Frage nach der Natur des Menschen und nach seiner Grundsituation in der Welt kommt in der europäischen Philosophie schon seit langer Zeit eine Schlüsselrolle zu. Die Grundfrage nach dem Verhältnis von Körper, Seele und Geist spielte dabei von jeher eine führende Rolle. Philosophen müssen sich jedoch spätestens seit der Mitte des 20.

Jahrhunderts auch mit den empirischen Wissenschaften vom Menschen (Humanwissenschaften) befassen.

 

Zu den Humanwissenschaften gehören neben den Sozial- und Kulturwissenschaften auch die folgenden vier Wissen-schaften von der menschlichen Psyche: Psychologie und Psychosomatik, Psychopathologie und Psychiatrie. Diese vier Wissenschaften von der menschlichen Psyche haben im 20 Jahrhundert versucht, sich von der Philosophie weitgehend zu emanzipieren und beanspruchen daher methodisch autonom zu sein. Da es jedoch keine Wissenschaften ohne philosophische Voraussetzungen gibt, kommen auch die Wissenschaften von der menschlichen Psyche wie die Formal-, Natur-, Sozial- und Geisteswissenschaften nicht umhin, ihre logischen, erkenntnistheoretischen und ontologischen Voraussetzungen zu reflektieren.

 

Damit generieren auch die Wissenschaften von der menschlichen Psyche bestimmte Grundfragen, die man ohne Zögern als philosophisch bezeichnen darf. Die Wissenschaften von der menschlichen Psyche sind daher keine ersten oder fundierenden Wissenschaften, wie manche ihrer Vertreter im 19. und 20. Jahrhundert meinten. Die Auffassung, dass die Psychologie eine Fundamentalwissenschaft wäre, bezeichnet man seither als Psychologismus. Aber dieser Psychologismus wurde von den Mathematikern und Philosophen Edmund Husserl und Gottlob Frege widerlegt.

 

Beide haben mit strengen Argumenten gezeigt, dass die beiden Formalwissenschaften der Logik und Mathematik nicht psychologisch verstanden und begründet werden können. Die Gültigkeit logischer und mathematischer Aussagen, Schlüsse und Prinzipien kan nicht damit begründet werden, dass jemand, oder viele oder alle Leute so-und-so denken oder sie meistens für richtig halten. Empirisch fesrgestellte Fakten über psychologische Phänomenre oder neurowissen-schaftliche Prozesse können grundsätzlich nicht Gründe sein, logische und mathematische Aussagen, Schlüsse und Prinzipien für gültig zu halten.

 

Endgültige Widerlegungen und bleibende Fortschritte sind in der Philosophie wirklich sehr selten. Denn die meisten Widerlegungsversuche bleiben umstritten. Aber in diesem seltenen Fall gibt es keine zeitgenössischen professionellen und gut informierten Philosophen mehr, die die Widerlegung des Psychologismus auch nur angefochten oder gar überzeugend und wirksam infrage gestellt haben.

 

Außerdem basiert überhaupt jede Wissenschaft in Theorie und Praxis auf Grundbegriffen von Gegenständen und Methoden der Forschung und macht von daher immer auch philosophische Voraussetzungen. Diese Voraussetzungen mögen bei vielen unreflektierten Wissenschaftlern, die nicht zu verstehen versuchen, was sie eigentlich tun, glauben und denken, weitgehend implizit sein und unverstanden bleiben. Es gibt jedoch auch reflektiertere Wissenschaftler, die versuchen, ihre eigenen Voraussetzungen durch begriffliche und methodische Reflexionen weitgehend explizit zu machen, um zu verstehen, was sie eigentlich tun, glauben und denken.

 

Die philosophische Grundfrage nach dem sog. Leib-Seele-Problem (mind-body-problem), wie man sie gegenwärtig nennt, sollte man im Lichte der Geschichte der Philosophie besser als das philosophische Problem des Verhältnisses von Körper, Seele und Geist bezeichnen. Dieses philosophische Problem ist trotz der notwendigen Auseinandersetzung mit dem empirischen Wissenschaften von der menschliche Psyche in der einen oder anderen Form erhalten geblieben. Ausführlicher und genauer formuliert lautet die Grundfrage: Wie verhält sich die

 

(A.) anatomische und physische, organische und molekulare Komposition des menschlichen Körpers (body) aus verschiedenen physischen und neuronalen Teilsystemen (Knochenbau, Gelenke, Sehnen, Faszien, Muskulatur, Blutkreislauf, Lymphsystem, Verdauungsorgane, Atemwege, Sprachorgane, Nervenbahnen, Gehirn, etc.) zu den

 

(B.) psychischen Phänomenen (soul), d.h. zu den Phänomenen und Fähigkeiten der Perzeptionen, Emotionen, Moti-vationen und Kognitionen sowie zu den praktischen Fähigkeiten zum pragmatischen, kommunikativen, kreativen und sittlichen Handeln und weiterhin zu den

 

(C.) reflexiven Fähigkeiten und Leistungen, Begriffen und Inhalten des menschlichen Geistes (mind) mit seinen Ideen und Prinzipien, Normen und Werten des Intelligiblen, also dessen, was man nur sprachlich verstehen, aber nicht wahrnehmen kann?

 

Diese komplexe Grundfrage zeigt, dass sich die Humanpsychologie trotz Darwin und Freud, Quine und Skinner bis auf Weiteres nicht von der empiristisch, behavioristisch und naturalistisch ausgerichteten Tier- und Verhaltenspsychologie her verstehen kann. Als Lebewesen mit einer höheren, durch Sprache, Selbstbewusstsein und Reflexion bedingten Intelligenz müssen Menschen vielmehr umgekehrt diese intelligenten Tiere von sich selbst her verstehen, allerdings ohne sie allzu sehr zu vermenschlichen, wie das nur allzu leicht in Tierfilmen geschieht. Denn schließlich erforschen Menschen alle Arten von Tieren, aber nicht umgekehrt.

 

Pflanzen und Tiere haben nun einmal absolut keinen Zugang zum Intelligiblen, da ihnen dazu die komplexen Ver-mögen von Abstraktion und Sprache, sprachlichem Denken und Urteilen, rationalem Abwägen und Entscheiden,

sprachlichem Antizipieren und Reflektieren, sittlichem Gewissen und Verantwortung fehlen. Das bedeutet nicht, dass

sie gar nicht zu bestimmten kognitiven Leistungen fähig sind, die auch ohne Sprache und abstraktes Denken funktio-nieren können. Es kann aufgrund neuerer Forschungen kaum noch geleugnet werden, dass z.B. Delphine und Wale, Schimpansen und Orang Utans, aber auch Raben und Krähen zu bestimmten kognitiven Leistungen fähig sind, die man ihnen noch vor einigen Jahrzehnten nicht zugetraut hätte. Aber es gibt nur einmal unzählige Begriffe, wie vor allem die Begriffe von Idealen, Prinzipien, Normen und Werte, die nur sozialisierte Menschen aufgrund ihres Sprachvermögens verstehen können.

 

Deswegen ist es prinzipiell unmöglich, den Menschen rein biologistisch und naturalistisch bloß als ein intelligentes

Tier unter anderen intelligenten Tieren zu erklären und zu verstehen. Intuitiv war es den antiken Philosophen und den Erzählern und Hörern der überlieferten Schöpfungsmythen auch schon bekannt, dass die Menschen aufgrund ihrer kognitiven Eigenarten, Fähigkeiten und Verhaltensweisen zwar einerseits mitten in der irdischen Natur ihr Dasein fristen, dass sie jedoch andererseits aufgrund ihrer Sprachen und Kulturen nicht zu den Tieren gehören. Der alte biblische Schöpfungsmythos mit seiner Vorstellung von der Gottebenbildlichkeit des Menschen versuchte schon

diese zutreffende Intuition einzufangen, dass der Mensch als ein Lebewesen irgendwie zwischen Tier und Gott steht.

 

1. Vorgeschichte des neuzeitlichen Leib-Seele-Problems

 

Platon und Aristoteles, die beiden klassischen Philosophen der griechischen Antike, haben mit ihren konträren Kon-zeptionen von Leib, Seele und Geist das europäische Denken über die Natur und Psyche des Menschen für mehrere Jahrhunderte maßgeblich bestimmt. Das gilt nicht nur für die griechische und römische Spätantike, sondern auch noch für das ganze Mittelalter und die Renaissance, nachdem jüdische, christliche und islamische Einflüsse hinzu gekommen waren und das griechische Denken über Leib, Seele und Geist ergänzten, erweiterten und umgestalteten. 1

 

Platon galt als die überlieferte Autorität eines hochfliegenden und spekulativen Geistes, der wie kein Anderer zugleich mit einer schriftstellerischen Begabung, religiösen Sensibilität und künstlerischen Genialität ausgestattet war. Platon konnte das Drama des sokratischen Philosophierens in der Auseinandersetzung mit seinen sophistischen Widersachern und skeptischen Schülern in der literarischen Form von spannenden Dialogen erzählen. Die Dialogform war deswegen nicht nur eine beliebige literarische Form der Darstellung, sondern das probate Mittel, um den verschiedenen Persön-lichkeiten und Charakteren sowie Mentalitäten und Erkenntnisstufen der Dialogpartner gerecht zu werden. Bei Platon ging es nicht nur um überzeugende philosophische Gedankengänge, sondern auch um das konkrete politische Schick-sal der athenischen Demokratie angesichts des individuellen Schicksals seines philosophischen Lehrers Sokrates, der für ihn der Inbegriff eines wahren und wegweisenden Philosophen gewesen ist. 2

 

Aristoteles hingegen galt als überlieferte Autorität eines nüchternen systematischen Denkers und eines empirischen Naturforschers. Dieser hatte für sich in Anspruch genommen, das in narrativen und kunstvollen Dialogen präsentierte spekulative Philosophieren Platons geerdet zu haben. In ein stärker systematisches Denken überführt, sollte es eher den Anspruch einer Wissenschaft erfüllen können. Damit wurde Aristoteles gewissermaßen zum Vorbild und Vorläufer der wissenschaftlich gesinnten Philosophen, die nicht nur die vegetativen und emotionalen Seelenteile, sondern auch noch den denkenden Geist (nous) für natürliche Bestandteile und zweckmäßige Funktionen der menschlichen Seele (psyche) hielten. 3

 

Anders als Aristoteles war Platon – wie sein Lehrer Sokrates – offener für die religiösen Mythen seiner athenischen Kultur und der delphischen Kultstätten. Von daher hatte er nicht nur einen Sinn für die visionären Ziele eines utopischen Denkens, sondern auch ein Gespür für die diesseitige Unerfüllbarkeit der höchsten Ziele der menschlichen Seele in ihrem Streben nach dem ersehnten Glück und nach sittlicher Vollkommenheit. Sokrates und sein persönliches Schicksal lehrten ihn, dass die menschliche Seele diese beiden Ziele höchstens in einem unbekannten Jenseits erreichen kann. Deswegen hielt Platon diese Bestrebungen der menschlichen Seele einer älteren pythagoreischen Tradition folgend

für einen Hinweis auf die Unsterblichkeit der menschlichen Seele.

 

Auf diese Weise wurde Platon zum Vorbild und Vorläufer derjenigen, die daran glauben daran, dass es im Menschen eine geistige Seele von göttlichem Ursprung gibt, die nicht ganz in der leiblichen Natur des Menschen aufgeht. Diesem Glauben zufolge kann die menschliche Seele den individuellen Tod des leiblichen Menschen und das offensichtliche Absterben der vegetativen und emotionalen Seelenteile überdauern. Die menschliche Seele verlässt diesem Glauben zufolge beim Sterben die leibliche Hülle eines Menschen, um in einem unbekannten Jenseits fortzubestehen. 4

 

Platon und Aristoteles blieben bis zur frühen Neuzeit die beiden maßgeblichen Denker in den grundsätzlichen Fragen und Lehrmeinungen über den Aufbau, die Kräfte und die Entwicklung der menschlichen Psyche. Für das platonische Denken über die menschliche Seele war – neben einigen kleineren Dialogen in der Nähe zur Apologie des Sokrates – vor allem dessen Dialog Phaidon maßgeblich. In diesem Dialog verteidigte Sokrates gegenüber seinen beiden skeptischen Schülern Simmias und Kebes die Unsterblichkeit der menschlichen Seele jedoch nur als „ein schönes Wagnis“ seines Philosophierens. Denn im strengen Sinne beweisen konnte er sie ihnen nicht. 5

 

Maßgeblich für das aristotelische Denken über die menschliche Seele (psyche) wurde dessen einflussreiche Abhand-lung Über die Seele (Tes Psyches bzw. De anima). In dieser Schrift hat Aristoteles exemplarisch die Auffassung vertreten, dass die wahrnehmbare Gestalt oder Form des menschlichen Körpers gewissermaßen die Seele eines Menschen sichtbar machen würde. Die Seele des Menschen ist dann weder eine eigenständige Substanz, die sich nur vorüber-gehend im menschlichen Leib befindet und nach dessen Tod unabhängig von ihm weiter existieren kann. Die mensch-liche Seele ist vielmehr die von sich selbst und von Anderen wahrnehmbare dynamische Kraft zur Lebendigkeit des Leibes. Gleichwohl unterschied Aristoteles ähnlich wie Platon zwischen einem

 

(A.) vegetativen Seelenteil der basalen leiblichen Lebensfunktionen, die Menschen mit den Tieren teilen und die

sie willentlich kaum beeinflussen können; einem

 

(B.) affektiven Seelenteil der motivationalen Antriebe und der emotionalen Erlebnisse, die weitgehend das menschliche Verhalten bestimmen, und dem

 

(C.) rationalen Seelenteil des sprachlichen Vermögens zum Sprechen, Nachdenken und Kommunizieren, das die Menschen weitgehend von den Tieren unterscheidet. Dieses sprachliche Denkvermögen ist es auch, was die erwachse-nen und psychisch gesunden Menschen dazu befähigt, zweckrationale Überlegungen über die Vorteile und Nachteile ihrer Entscheidungen und ihres freiwilligen Tuns und Lassens anzustellen. Auch das ist ein wesentlicher Unterschied zu den Tieren und Pflanzen. 6

 

Als der frühe "Kirchenvater" Augustinus die Unsterblichkeit der Seele lehrte, hatte er bereits an hellenistisches Ge-dankengut und platonische Überzeugungen angeknüpft und nicht mehr an Paulus von Tarsus und Jesus von Nazareth, die beide in das Judentum hineingeboren wurden, mit ihm aufgewachsen sind und ihm ihr ganzes Leben lang treu geblieben sind. Deren jüdische Tradition lehrte gewöhnlich den Tod des ganzen Menschen mit Leib, Seele und Geist; den Hinabstieg in das dunkle Reich der Toten, das man 'Scheol' nannte, sowie die Auferweckung der Toten am Ende der Tage. Nur von einigen Propheten, wie z.B. Elijah, glaubten manche Juden, dass sie in dem Himmel hinauf gefahren sind und von dort auch wiederkehren könnten. Doch dies war nicht der kosmische Himmel der Naturforscher (sky), sondern ein geistiger Himmel (heaven) als Aufenthaltsort geliebter und verehrter Menschen. Das Spannungsverhältnis zwischen jüdischem und griechischem Gedankengut war für die lange Ideengeschichte des Christentum besonders produktiv. 7

 

Als der späte "Kirchenvater" Thomas von Aquin die hylemorphistische Lehre vom menschlichen Leib als Form der Seele (anima forma corporis) gelehrt hatte, hat er an eine aristotelische Lehrmeinung angeknüpft und weder an eine platoni-sche wie die Unsterblichkeit der Seele noch an eine gnostische wie den ursprünglichen Fall des hellen Geistes in die dunkle Materie. Allerdings schien die Lehre, dass die Seele (anima) die Form des Körpers (forma corporis) sei, besser mit den psychologischen Denkweisen der jüdischen und islamischen Lehrtradition vereinbar zu sein. So war es auch schon einigen islamischen Denkern erschienen, durch deren Schriften dem Philosophen und Theologen Thomas von Aquin das Denken des Aristoteles vermittelt wurde. 8

 

2. Descartes als Erzeuger des neuzeitlichen Leib-Seele-Problems

 

Mit der Entstehung der Nova Scientia, d.h. der neuzeitlichen Naturwissenschaften bei Kopernikus, Galilei und Newton wurde dann jedoch ab dem 17. Jahrhundert nicht nur die die Autorität des Aristoteles als Naturforscher fragwürdig. Vielmehr wurde die ganze aus der griechischen und römischen Antike überlieferte Kosmologie aus Astronomie, Physik und Biologie brüchig und unglaubwürdig. Betroffen war davon nicht nur viele tradierte Lehrmeinungen des Aristoteles über die Natur und den Kosmos, sondern auch und erst recht die spekulative Kosmologie Platons, die in Form seines Dialoges Timaios für lange Zeit paradigmatisch gewesen ist. Die überlieferte Naturspekulation wurde zunehmend durch methodisch fundierte Hypothesenbildung anhand von experimenteller Erfahrung und mathematischer Berechnung ersetzt.

 

René Descartes (1596 - 1650) stand unter dem mächtigen Einfluss der Erfolge der neuzeitlichen Naturwissenschaften. Im dreißigjährigen Krieg wurde er angesichts der schrecklichen Folgen des Krieges mit den mäßigen Erfolgen der Me-dizin seiner Zeit konfrontiert. Seine Zweifel gegenüber der aristotelischen Lehre, die er an der Universität studiert hatte, wurden zunehmend größer und tiefer. Eine plötzliche Einsicht im Schützengraben brachte ihn auf den maßgeblichen Leitgedanken seines weiteren intellektuelles Geisteslebens, die ganze Wissenschaft seiner Zeit auf den rationalen Prüfstand zu stellen. Descartes wollte von da an die fundamentalen wissenschaftlichen Prinzipien seiner Zeit überprüfen und auf eine zuverlässigere Art und Weise fundieren. Dazu bediente er sich eines radikalen methodischen Zweifels, den er jedoch immer nur aus konstruktiven und methodischen Gründen und nicht aus destruktiven oder gar willkürlichen Motiven eingesetzt hatte. Mit der Hilfe dieses methodischen Zweifels wollte er alle Überzeugungen in Frage stellen, die nicht unmittelbar evident sind, d.h. die für den menschlichen Verstand nicht unmittelbar klar und einsichtig sind. 9

 

Descartes ging es dabei vor allem darum, zur Verbesserung der Medizin seiner Zeit beizutragen. Dazu studierte er

den anatomischen Aufbau des menschlichen Körpers aus Knochen, Sehnen und Muskeln, den damals noch weitgehend unverstandenen Blutkreislauf sowie das Gehirn und Nervensystem von Tieren und Menschen. Damit stieß er auf die neue Frage nach dem kausalen Zusammenwirken der körperlichen Elemente und Funktionen des ganzen menschlichen Organismus einschließlich Gehirn und Nervensystem mit den Phänomenen und Funktionen der menschlichen Seele bzw. des menschlichen Bewusstseins. Als methodisches Vorbild diente ihm dabei die neuen physikalischen Naturwissen-schaften und deren Erfolge bei der Entdeckung von Naturgesetzen in der Kosmologie des Sonnensystems sowie in der mechanischen Festkörperphysik. 10

 

Im Hinblick auf die menschliche Psyche glaubte Descartes nun aber entdeckt zu haben, dass die Phänomene des menschlichen Bewusstseins, wie z.B. Gedanken und Urteile, Vorstellungen und Empfindungen, Affekte und Gefühle, Absichten und Entscheidungen keine räumlich ausgedehnten materiellen Gegenstände mit einem spezifischen Gewicht sein können, wie man sie damals aus der Festkörperphysik und von den mechanischen Stoßgesetzen her kannte. Auf-grund seiner Forschungen an den Gehirnen und Organismen von Menschen und Tieren hatte er vermutet, dass das Gehirn eine Art von funktionalem Zentralorgan ist, das bei Menschen und Tieren über die Reizleiter des Nervensystems mit dem ganzen Körper verbunden ist. So erklärte er sich z.B., dass Menschen einem Schmerz in der Fußsohle spüren, wenn sie barfüßig auf den Dorn eines Rosenzweigs treten und sich verletzen, obwohl der Schmerz erst über die Reiz-leiter in das Gehirn geleitet werden muss, um bewusst wahrgenommen werden zu können und um dann von seiner Ursache im verletzten Fuß her geortet, verstanden und erklärt werden zu können. Aber eben diese frühe neurologische Erklärung stellte ihn dann auch vor das Rätsel der Phantomschmerzen, die Beinamputierte immer noch in ihren Füßen zu spüren schienen, obwohl diese physischen Bestandteile ihres Organismus bereits abgeschnitten waren und fehlten. 11

 

Descartes bezeichnete dann einen räumlich ausgedehnten materiellen Gegenstand, wie z.B. einen natürlichen Kiesel-stein oder eine artifizielle Kanonenkugel als res extensa, d.h. als ein ausgedehntes Ding, die Phänomene des mensch-lichen Bewusstseins als cogitationes und das denkende Ich als eine res cogitans, d.h. als ein denkendes Ding. Descartes hatte demzufolge den menschlichen Körper und die Körper der Tiere aufgrund ihrer physikalischen Ähnlichkeit mit den Festkörpern der Physik ebenfalls als res extensae aufgefasst. Denn auch die Körper der Menschen und Tiere sind räum-lich ausgedehnt und bewegen sich im Raum, sie haben auch eine Masse und ein spezifisches Gewicht, sie können auch zusammenprallen und sich gegenseitig stoßen, sie können auch nicht gleichzeitig ein und dieselbe Stelle im Raum ein-nehmen, etc. Es gibt also einige wichtige physische Hinsichten, denen zufolge menschliche Körper auch nur ausgedehn-te Dinge im Raum und Zeit sind. Dies trifft solange zu, als man von ihren inneren Antrieben absieht und noch nicht nach den Phänomenen des Bewusstseins fragt, aufgrund deren sich sich auf die eine oder andere Weise selbsttätig verhalten. Der wesentliche Unterschied zum Körper als einem bloß ausgedehnten Ding (res extensa) muss also in den cogitationes des denkenden Dinges (res cogitans) liegen. Dabei ist zu beachten, dass Descartes Begriff der cogitationes alle intro-spektiv zugänglichen Phänomene des menschlichen Bewusstseins, also nicht nur die Kognitionen, sondern auch die Emotionen und die Motivationen umfasste. 12

 

Dass das fremdpsychische Innenleben nicht direkt zugänglich ist, sondern nur indirekt aus dem äußerlich beobacht-baren Verhalten erschlossen werden kann, erschwert nicht nur das angemessene Verständnis der menschlichen Psyche, sondern vor allem auch das angemessene Verständnis der Psyche der Tiere. Denn die Erforschung des psychischen Innenlebens der Tiere wird dadurch erschwert, dass die Tiere uns nicht sagen können, was in ihnen vorgeht. Dieses Problem macht die angemessene Unterscheidung zwischen Menschen und Tieren besonders schwierig.

 

Aufgrund seiner Orientierung an der mechanischen Festkörperphysik versuchte Descartes das physische Verhalten der Tiere nach der Art von mechanischen Automaten mit inneren Triebfedern und Antrieben zu verstehen und erklären. Ohne die Evidenz der introspektiven Erforschung des menschlichen Bewusstseins wurde ihm deswegen zumindest zweifelhaft, ob die meisten Tiere auch wie die Menschen mit Phänomenen des Bewusstseins ausgestattet sind. Darin wich er deutlich von Aristoteles ab, für den zumindest höhere Tiere, wie z.B. Säugetiere und Vögel, aufgrund ihres Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögens eine vernunftlose Seele (psyche) haben.

 

Zwar konnte auch schon Descartes beobachten, dass Tiere ebenso wie Menschen verletzt werden können, dass sie dann auch jaulten oder winselten und sich vor Schmerz zusammen kauerten oder krümmten. Aber aufgrund seines methodischen Zweifels erlaubte er sich nicht, daraus wie die Aristoteliker seiner Zeit zu schließen, dass sie auch inner-lich Schmerzen und andere Empfindungen erleben. Dies hatte also vor allem methodische Gründe, denn was als zweifel-haft und nicht evident erschienen ist, darauf wollte er seine neue Wissenschaft von der Natur und dem Menschen nicht gründen. Außerdem sollte seine neue mechanische Art der Naturforschung doch gerade die aristotelische Physik, Biologie, Psychologie der Scholastiker und die auf ihr immer noch aufbauende Medizin verbessern und ablösen. Aus diesen Gründen wurde es ihm zweifelhaft, ob solche höheren Tiere, wie z.B. Säugetiere und Vögel, ebenfalls eine Seele (anima) mit einigen Bewusstseinsphänomenen haben und zumindest darin den Menschen ähnlich waren.

 

Aber auch und gerade beim Menschen musste sich Descartes nun aber fragen, wie denn die menschliche Seele (anima) als Inbegriff der Bewusstseinsphänomene (cogitationes) mit dem menschlichen Körper zusammenhing und kausal wirksam verbunden war. In seiner Abhandlung Über die Leidenschaften der Seele (Les passions de l'ame) nahm er dazu an, dass es eine genau lokalisierbare Verbindungsstelle im Gehirn als Zentralorgan des menschlichen Nervensystems geben müsse, wo die Bewusstseinsphänomene, wie z.B. die verschiedenen Empfindungen und Affekte gesteuert werden. Damit ich mich selbst und in gleicher Weise ein jedes anderes denkendes Ding (res cogitans) mich auf bestimmte Empfindungen und Wahrnehmungen von den ausgedehnten Gegenständen in der Welt einschließlich der Pflanzen, Tiere und Menschen in Gedanken und Urteilen beziehen kann, müssen einem solchen denkenden Ding (res cogitans) erst einmal innere Wahrnehmungen und andere Phänomene des Bewusstsein (cogitationes) zugänglich und bewusst werden.

 

Die nervlichen Reizleiter in den Sinnesorganen des menschlichen Organismus, vor allem in den Augen und Ohren, in der Nase und auf der Zunge sowie in den Fingern und anderen Gliedern, sind zwar ähnlich wie die Adern des Blutkreis-laufes physischer Natur und in einem räumlich ausgedehnten Körper (res extensa) aus Knochen, Fleisch und Blut in-korporiert. Aber sie scheinen von einer anderen, feineren stofflichen Art zu sein. Gleichwohl bin ich und ist eine jede menschliche Seele nach Descartes, ein solches denkendes Ding (res cogitans), das etwas empfindet und wahrnimmt, fühlt und begehrt, denkt und überlegt, will und entscheidet. Damit ist es aber nach Descartes selbst keine ausgedehnte physische Substanz (res extensa), sondern eine Seele (anima) oder eben eine denkende Substanz (res cogitans) und ein zeitlich beständiger und dauerhafter psychischer Träger von Bewusstseinsphänomenen (cogitationes). 13

 

Aufgrund seiner dualistischen Unterscheidung zwischen materiellen und räumlich ausgedehnten Festkörpern (res extensae) einerseits und dem psychischen, aber nicht räumlich ausgedehnten denkenden Ich (res cogitans) als dem Träger der verschiedenen Bewusstseinsphänomene andererseits wurde Descartes nicht nur zum Erzvater des neuzeit-lichen Dualismus von Körper und Seele, sondern auch eines mechanistischen Verständnisses des menschlichen Körpers und der Tiere. Während Descartes' streng naturwissenschaftliche Ausrichtung viele seiner Zeitgenossen und Nachfahren eher an Aristoteles erinnerte, schien er anderen Zeitgenossen und Nachfahren eher als ein platonischer Denker, der aufgrund seiner schroffen dualistischen Psychologie immer noch fromme Hoffnungen auf eine Unsterb-lichkeit der Seele aufrecht erhalten konnte.

 

Gleichwohl blieb bei Descartes auch noch ein von Platon her überliefertes und auch bei Aristoteles nicht ganz befriedi-gend gelöstes philosophisches Problem bestehen. Dabei geht es einmal mehr um den ontologischen Status der ab-strakten Entitäten, wie z.B. der Ideen und Prinzipien, Zahlen und Funktionen des mathematischen Denkens sowie der Propositionen als Träger von sprachlichen Gedanken. Für Descartes gehörten diese Ideen (ideae) zwar zu den cogita-tiones und damit zu dem besonderen Vermögen des menschlichen Geistes (mens). Dies aber nur, weil die Menschen sie mit dem sprachlichen Denken erfassen und verstehen können. Aber Descartes glaubte auch noch, dass diese Ideen,

wie z.B. die Idee Gottes, angeboren sein müssten. Diese Auffassung basierte auf dem genealogischen Fehlschluss,

dass mathematische, philosophische und theologische Ideen und Gedanken, die von ewigen und zeitlosen Dingen handelten, nicht erst im zeitlichen Leben erworben worden sein konnten, sondern ebenfalls zeitlos und ewig sein müssten. Das erinnerte zurecht an die Lehren der Platoniker.

 

Damit unterschied Descartes eigentlich gar nicht nur dualistisch zwischen dem physisch ausgedehnten menschlichen Körper (res extensa), den man physikalisch, anatomisch und neurophysiologisch untersuchen kann, und der mensch-lichen Seele (res cogitans) als dem Inbegriff der Bewusstseinsphänomene der Empfindungen und Wahrnehmungen,

der Gedanken und Urteile, der Gefühle und Affekte, der Absichten und Willensakte, etc. Wie die Platoniker seiner Zeit nahm er an, dass die abstrakten Inhalte des Geistes (mens) nicht nur vom mechanischen Körper in Raum und Zeit (corpus), sondern auch von der innerlich und zeitlich erlebbaren Seele (anima) verschieden und von eigener Art sein mussten. Deswegen ist Descartes eigentlich nicht nur ein Leib-Seele-Dualist, sondern auch wie Platon und viele Plato-niker nach ihm ein Trialist, der Leib, Seele und Geist als ontologisch und kategorial verschieden aufgefasst hatte. 14

 

Ungelöst blieb dann jedoch die Frage, wie und auf welchem Wegen diese abstrakten Entitäten in das Bewusstsein der Menschen und damit in das denkende Ding der menschlichen Seele kommen konnten.

 

Nach Aristoteles geschieht das durch die spezifisch menschliche Denkleistung der Abstraktion von den Eigenschaften der konkreten Gegenstände in der erfahrbaren natürlichen Lebenswelt. Dieser aristotelischen Überzeugung folgten später die englischen Empiristen Locke, Hume und Berkeley mit ihrer empiristischen Auffassung, dass sich im mensch-lichen Verstand keine Vorstellungen (ideas) be-finden, die nicht zuvor durch die Sinne in ihn hineingekommen wären.

 

Nach Platon geschieht das durch eine angebliche Wiedererinnerung der Geistseele an vorgeburtliche Erlebnisse. Ohne diese mythische Erklärung Platons zu übernehmen, gingen die zeuzeitlichen Rationalisten Descartes, Spinoza und Leibniz jedoch davon aus, dass sich im menschlichen Verstand auch einige abstrakte Vorstellungen (ideas) befinden,

die nicht zuvor durch die Sinne in ihn hineingekommen sein können.

 

Über das Problem der Möglichkeit und Wirklichkeit angeborener Ideen sollten sich später ausführlicher Leibniz und Locke streiten. Während Leibniz die Realität angeborener Idee verteidigte, lehnte sie Locke ab. In Anknüpfung an das aristotelische Modell der tabula rasa versuchte John Locke gegen die rationalistische Hypothese der Angeborenheit die Genealogie des Erlernens von abstrakten Ideen mit Hilfe einer Psychologie der passiven Wahrnehmungen, internen Assoziationen und spontanen Verstandesleistungen zu erklären. 15

 

3. Ryles neo-aristotelischer Versuch einer Leugnung des sog. Leib-Seele-Problems

 

Analytische Sprachphilosophen im Anschluss an Ludwig Wittgenstein wie der Neo-Aristoteliker Gilbert Ryle haben behauptet, dass es sich beim sog. Leib-Seele-Problem eigentlich nur um eine irreführende gedankliche Verwirrung handelte, die durch eine künstliche Verwendung unserer umgangsprachlichen Ausdrücke für uns vertraute psychische Aktivitäten, Erlebnisse und Fähigkeiten unserer Mitmenschen und unserer selbst zustande käme. Im Alltag wissen wir nämlich ziemlich gut und für unsere lebenspraktischen Zwecke meistens gut genug, wie wir über die psychischen Aktivitäten, Erlebnisse und Fähigkeiten unserer Mitmenschen und unserer selbst zu denken, zu urteilen und zu reden haben, um sie ganz gut verstehen und erklären zu können.

 

Aber wenn wir mit solchen abstrakten, aber vagen sprachlichen Ausdrücken wie 'Leib' und 'Seele', 'Gehirn' und 'Bewußt-sein', 'Psyche' und 'Geist' zu erklären versuchen, wie diese "Dinge" in der Wirklichkeit zusammenhängen, dann geraten wir manchmal ins Staunen odervielleicht eher in eine Verwirrung und wundern uns, wie der leibliche Mensch eine Seele haben kann, wie das menschliche Gehirn bewußte Erlebnisse, Gedanken, Absichten und Überzeugungen hervor-bringen kann und wie unsere Psyche geistige Abstraktionen der Logik und Mathematik oder auch der Physik und Chemie erfassen und begreifen kann. Jemand wird schon eine gewisse Neigung zum Philosophieren mitbringen müssen, um solche Fragen ernst zu nehmen und spannend zu finden. Schon seit der klassischen Antike ist es Aufgabe der Philosophie, ein solches Staunen ernst zu nehmen und damit einhergehende gedankliche Verwirrungen aufzulösen.

 

Eine alltägliche Szene: Das Kind in der Wiege schreit, weil es sich unwohl fühlt. Es könnte Hunger oder Durst haben.

Es könnte aufgewacht sein und die Nähe der Mutter vermissen. Es könnte auf einem harten Gegenstand liegen, der

ihm weh tut. Es könnte die Windel voll gemacht haben und sich daher unwohl fühlen, etc. Die Mutter, die sich im Zimmer nebenan befindet, hört ihr Kind schreien, denkt nicht lange nach, sondern ahnt, was los ist, geht zu ihm, nimmt es ganz vorsichtig aus der Wiege, hebt es zu sich hoch und schaut nach, ob ihre Ahnung, warum ihr Kind geschrieen hat, zutrifft. Das Kind beruhigt sich und hört allmählich auf zu schreien. - In dieser Szene wird jedoch nicht nur das interaktive Ver-halten von Mutter und Kind beschrieben, sondern es werden auch Vermutungen über die Ursachen und Gründe des Verhaltens geäußert. Dabei wird das menschliche Verhalten durch psychologische Vermutungen über vorsprachliche Äußerungen und Erlebnisse, Ahnungen und Vermutungen, Gedanken und Urteile, Entscheidungen und Handlungen geschildert.

 

Gilbert Ryle war als sprachanalytischer Neo-Aristoteliker der Auffassung, Descartes habe mit seinem ontologischen Dualismus von Körper und Seele einen neuzeitlichen Mythos geschaffen, nämlich den Mythos vom Geist in der Maschine. Dieser Mythos, so behauptete Ryle, würde unangemessenen Beschreibungen und falschen Erklärungen menschlichen Verhaltens mit Hilfe von sog. Kategorienverwechslungen entspringen. Cartesianer, die diesem Mythos anhängen, würden sich fragen, was es mit den Wahrnehmungen und Erlebnissen, Gedanken und Urteilen, Empfin-dungen und Gefühlen, Überzeugungen und Schlüssen der Menschen auf sich habe. Denn anders als ihr räumlich ausgedehnter und sterblicher Körper wären sie nicht sichtbar. Descartes nahm daher an, dass sie sich in einer un-ausgedehnten und unsterblichen Seele befänden, die nach dem Tod des leiblichen Menschen und bei gewissen Außerkörpererfahrungen den Körper eines Menschen verlassen würde.

 

Als wissenschaftlich gesinnter und experimentell forschender Anatom und Naturphilosoph beschrieb und erklärte Descartes den Körper des Menschen als eine mechanische Leibmaschine aus dem Knochenbau, aus den Muskeln und Sehnen, mit feinsten Nervenbahnen vom Gehirn bis in alle Glieder, in die den äußeren Sinnesorgane und in die inneren Organe der Ernährung, Verdauung und Ausscheidung und mit dem neu entdeckten Blutkreislauf, der durch das Herz und die Lunge am Leben erhalten wird. Das Verhalten und die Leidenschaften des lebendigen Menschen vor allem im Wachzustand werde, so dachte sich das Rene Descartes, insgesamt durch kleinste "Lebensgeister der Seele" im fein verästelten Netzwerk der Nervenbahnen angeregt und bewegt.

 

Der Schreibtischphilosoph Gilbert Ryle hingegen wollte mit seiner Fehlerdiagnose diesen cartesischen "Mythos vom Geist in der Maschine" entlarven, indem er aufzeigte, wie er angeblich nur durch sprachliche Verwirrungen und gedank-liche Kategorienverwechslungen zustande kommt. Ryle argumentierte, dass Cartesianer fälschlich meinten, dass es zusätzlich zu dem beschriebenen und erklärten menschlichen Verhaltensweisen der leiblichen Menschen auch noch irgendwelche inneren psychischen Vorgänge im Bewußtsein oder Geist (mind) geben müsste. Allerdings hat Ryle dabei anders als Descartes nicht mehr sorgfältig zwischen psychischen Phänomenen des Bewußtseins (cogitationes) und den abstrakten Inhalten des Geistes (mens) in Form von Idealen, Prinzipien, Normen und Werten unterschieden. Stattdessen nannte er alle beide Arten von Entitäten "mind", woran die sog. analytische Philosophie des Geistes (Philosophy of Mind) bis heute krankt.

 

In den Wissenschaften von der menschlichen Psyche dominierte zu Ryles Zeiten noch der methodische Behavioris-mus, der fälschlich meinte, auch in den komplexen Wissenschaften von der menschlichen Psyche wie in der biologi-schen Verhaltensforschung mit Mäusen und Ratten, Meerkatzen, Hunden oder anderen Tieren nur das bloße Verhalten beobachten und beschreiben zu müssen, aber jegliche Aussagen über innere Vorgänge in der menschlichen Psyche vermeiden zu können. Das wollte man erreichen, indem man alles, was sozusagen "nur im Kopf" geschieht wie eine "black box" als völlig unbekannt behandelt und daher außer Acht ließe. Das obige Beispiel der Beschreibung der Inter-aktion zwischen Mutter und Kind zeigt jedoch, wie seltsam und künstlich eine solche methodische Vorgehensweise ist. Natürlich fragt sich die Mutter, was das Kind hat und was in ihm vorgeht. Da ihr Kind noch nicht sprechen kann, denkt sie dabei natürlich vorläufig nur an sein leibliches Wohlbefinden. Aber sein Verhalten und sein Wohlbefinden steht ihrer Auffassung nach in einem inniglichen Zusammenhang mit basalen Emotionen wie Angst oder Glück, und mit leiblichen Empfindungen wie Schmerz oder Lust, Hunger und Durst oder Sättigung, etc.

 

Zu einem späteren Zeitpunkt, wenn ihr Kind in ersten ganzen Sätzen zu sprechen begonnen haben wird, wird die Mutter sich selbstverständlich nicht nur fragen, was ihr Kind unmittelbar empfindet und momentan fühlt, sondern sie wird sich dann auch fragen, was ihr Kind, glaubt und denkt, was es gerade wahrnimmt und schon versteht, was es gerade vorhat und erreichen will, was es sich von ihr und Anderen wünscht und erhofft, etc. Mit anderen Worten, wird sich die Mutter natürlich nicht nur immer wieder ein angemessenes Bild vom Verhalten ihres Kindes machen, sondern auch von den inneren Vorgängen in ihm bzw. in seinem Bewußtsein (Schlafen und Wachen, Wahrnehmungen und Empfindungen, Erinnerungen und Erwartungen) und im Verstand (Überzeugungen und Gedanken, Sprachverständnis und sprachloses Verstehen), von seinen Absichten und Willensäußerungen, etc.

 

Indem die Mutter in dieser Weise auf ihr Kind und seine Entwicklung achtet, entwickelt sie bestimmte Vorstellungen von der inneren Psyche und von der mehr oder weniger konstanten Persönlichkeit ihres Kindes, die über die bloße Beobachtung seines äußerlich sichtbaren Verhaltens hinausgehen. Die Mutter macht sich in der alltäglichen Interaktion mit ihrem Kind so etwas wie ein sich ständig erweiterndes und vertiefendes Bild vom seelischen Innenleben, der Psyche und Persönlichkeit ihres Kindes und sie lernt sich darüber hinaus auch noch selbst als Mutter kennen. Dabei wird ihr klar, dass es selbstverständlich einen innigen und kaum auflösbaren Zusammenhang zwischen dem psychi-schen Innenleben und dem äußerlich wahrnehmbaren Verhalten ihres Kindes gibt -- so wie es auch eine ständige Wechselwirkung zwischen ihrem Verhalten und dem Verhalten und Innenleben ihres Kindes gibt.

 

Mit Ryles Polemik vom angeblichen "Geist in der Maschine" hat das jedoch nichts zu tun, denn auch Descartes wusste,  dass Leib und Seele in der Einheit des Menschen aufs innigste verbunden sind und ständig miteinander interagieren. Allerdings hat Descartes zu solchen polemischen Unterstellungen Anlass gegeben, weil er fälschlich glaubte, dass Tiere nur mechanische Automaten ohne Bewußtseinsphänomene (cogitationens) sind, ähnlich den aufziehbaren Automaten mit einem mechanischen Uhrwerk seiner Zeit. Daher meinte Descartes fälschlich, dass nur Menschen psychische Phänomene erleben, Säugetiere und Vögel jedoch nicht. Damit erlag Descartes jedoch dem mechanistischen Vorurteil seiner Zeit, das durch Kopernikus, Newton und Galilei in die Welt der neuzeitlichen Wissenschaften gekommen war.

 

Damit ist es Descartes ganz ähnlich wie den zeitgenössischen Funktionalisten ergangen, die die menschliche Psyche nur für ein kompliziertes Produkt seines Gehirns und Nervensystems halten und die meinen, man könne das mensch-liche Gehirn als ein informationsverarbeitendes System erklären und verstehen, das ähnlich wie ein digitaler Computer oder computerisierter Roboter funktionierte und das man im Prinzip auch aus Silikon und anderen anorganischen Stoffen nachbauen könnte. Das klingt zwar immer noch wie Science Fiction, aber einige Funktionalisten und Ingenieure der Künstlichen Intelligenzforschung halten es in einer nicht allzu fernen Zukunft für technisch realisierbar, empfin-dungsfähige Roboter mit Bewußtsein und einem bewussten Innenleben nur aus anorganischen Materialien zu bauen. Dagegen halten einige Psychologen, Psychiater und Neurowissenschaftler, diesen funktionalistischen Ansatz für eine technizistische Illusion, weil nicht nur das menschliche Gehirn und Nervensystem, sondern auch das empfindsame Bewußtsein der Menschen und Tiere organisches Leben voraussetzen und daher nur in Menschen und Tieren vor-kommen. Das menschliche Gehirn und Nervensystem und konnte sich als ein emergentes Zentralorgan intelligenter Lebewesen nur aus organischen Eiweißmolekülen evolutionär entwickeln.

 

Ryles Polemik gegen den cartesischen Mythos vom "Geist in der Maschine" ist teilweise überholt, seit es klar geworden ist, dass er sich von Decartes' ontologischem Dualismus teilweise ein falsches Bild gemacht hatte. Aber auch Descartes ontologischer Dualismus von einer unausgedehnten und unsterblichen Geistseele (res cogitans) in einem ausgedehnten und sterblichen Körper (res extensa) ist eine veraltete, durch Descartes' katholischen Glauben religiös motivierte Anthro-pologie und Psychologíe. Dennoch hat Rene Descartes als Anatom und Naturforscher anders als der reine Schreibtisch-philosoph Gilbert Ryle etwas versucht zusammenzudenken, was ziemlich weit auseinander zu liegen scheint, nämlich das naturwissenschaftliche Menschenbild der neuzeitlichen Medizin, die Alltagspsychologie der Selbst- und Fremd-erfahrung vom Menschen in der natürlichen und kulturellen Lebenswelt und die psychischen Grenzerfahrungen in der Nähe des unerforschlichen und irreversiblen Todes.

 

Aber die Beschreibung der komplexen Interaktion zwischen Mutter und Kind zeigt, dass die cartesische Frage nach dem engen Zusammenhang und den andauernden Wechselwirkungen sowohl zwischen ihr selbst und ihrem Kind und dann auch zwischen dem aktuellen psychischen Innenleben und der konstanten Persönlichkeit ihres Kindes und seinem sichtbaren und hörbaren Verhalten ganz und gar berechtigt ist. Das ist alltägliche Erfahrung und täglich efolgreich an-gewandte Psychologie und die auf Erfahrung basierenden Konzeptionen und Theorien der Wissenschaften von der menschlichen Psyche sollten immer nur an die alltägliche Erfahrung und an die alltäglich angewandte Psychologie an-knüpfen. Dann sind sie nur eine rationale Fortsetzung der Alltagpsychologie mit den skeptischen und kritischen Metho-den der epistemischen Selbstkontrolle und zur Überwindung von überlieferten Vorurteilen.

 

Mit einer überhohlten cartesischen Metaphysik hat es dann aber auch nichts zu tun, wenn sich sowohl die besten der Wissenschaftler von der menschlichen Psyche als auch die besten Philosophen und Wissenschaftstheoretiker der Wissenschaften von der menschlichen Psyche fragen, welche philosophischen Voraussetzungen sie machen und welche ontologischen Annahmen sie machen müssen und dürfen, um sich selbst und das menschliche Verhalten aufgrund von biologischen, soziologischen und psychologischen Faktoren zu verstehen. Das  sog. Leib-Seele-Problem ist also nicht nur eine Folge geistiger Verwirrungen und irreführender sprachlicher Konstruktionen. Das sog. Leib-Seele-Problem ist viel-mehr ein Teilproblem der wissenschaftlichen Versuche der Wissenschaften von der menschlichen Psyche, menschliches Verhalten und Handeln in bio-sozio-psychologischen Hinsichten zu verstehen.

 

4. Das Leib-Seele-Geist-Problem als Teilproblem der Versuche, das menschliche Dasein zu verstehen

 

Seit Ryles teilweise berechtigter Polemik gegen den cartesischen Dualismus haben die Wissenschaften von der mensch-lichen Psyche jedoch nicht nur den dogmatisch verengten empiristischen und methodischen Behaviorismus hinter sich gelassen, sie haben mit der sog. kognitiven Wende auch akzeptiert, dass es nicht nur in der alltäglichen Psychologie, sondern auch in der wissenschaftlichen Psychologie ganz natürlich und weitgehend zulässig ist, rationale Vermutungen (theory of mind) über das subjektive Selbsterleben und persönliche Selbstverständnis sowie über das aktuelle psychische Innenleben und die konstantere Persönlichkeit anzustellen. Das betrifft alle menschlichen Fähigkeiten und ihre dazu gehörigen psychischen Phänomene wie Gedanken und Überzeugungen, Affekte und Empfindungen, Gefühle, Leiden-schaften und Stimmungen, Absichten und Motive, Überlegungen und Entscheidungen, Erinnerungen und Erwartungen.

 

Natürlich können sich dabei nicht nur Menschen im Alltag, sondern auch Psychologen bei ihrer professionellen Arbeit in den verschiedenen Wissenschaften von der menschlichen Psyche irren und sie können auch jenseits von überprüfbaren Evidenzen spekulieren und sich in wilden Spekulationen bis hin ins Astrologische, Esoterische, Okkultistische und Meta-physische verlieren. Daher sind und bleiben die Wissenschaften von der menschlichen Psyche eher theoretische Er-fahrungswissenschaften und praktische Künste, die immerzu auf eine geschulte und erfahrene Urteilskraft angewiesen sind. Anthropologie und Psychologie können, wie schon Kant zurecht angemahnt hatte, insgesamt keine strengen und exakten, quantifizierenden und kalkulierenden Wissenschaften werden wie die moderne Physik und Chemie.

 

Seit Ryles teilweise berechtigter Polemik gegen den cartesischen Dualismus haben die Wissenschaften von der mensch-lichen Psyche aber auch von der kognitiven Entwicklungspsychologie im Anschluss an Jean Piaget gelernt, dass und wie Kinder von klein auf lernen, ihre motorischen Fähigkeiten sich selbst im Raum zu bewegen und ihr zielgerichtetes Verhalten aktiv auszubilden sowie zusammen mit ihren Verständnis von räumlichen und zeitlichen Verhältnissen, Gegenständen und Lebewesen, Ereignissen und Prozessen lernen dann auch ein gewisses Bild von sich selbst und von Anderen in der Interaktion mit anderen Kirndern und Erwachsenen zu entwickeln, sodass sie dann schließlich auch ästhetische Werte sowie ethische und moralische Begriffe und Regeln, Prinzipien, Normen und Werte verstehen, die ihnen nicht nur  von außen auferlegt werden, wie die Behavioristen und Freudianer meinten. Der empiristische Beha-viorismus gilt seit der kognitiven Wende in der Entwicklungspsychologie des Kindes zurecht als überholt und veraltet.

 

Seit Ryles teilweise berechtigter Polemik gegen den cartesischen Dualismus haben die Wissenschaften von der mensch-lichen Psyche schließlich auch von der kognitiven Linguistik im Anschluss an Noam Chomsky gelernt, dass der doch erstaunlich schnelle Spracherwerb von Kindern nicht nur auf einem quasi-behavioralen Training nach dem Prinzip von Trial and Error funktionieren kann. Vielmehr gibt es nach Steven Pinker eine angeborenen Sprachinstinkt und es gibt bestimmte Fenster der zeitlichen Entwicklung des Spracherwerbes, d.h. Phasen der aktiven sinnlichen Wahrnehmung, kognitiven Verinnerlichung und aktiven Aneignung von sprachlichen Grundmustern auf den Ebenen des Phonetischen, des Semantischen, des Syntaktischen und des Pragmatischen. Der empiristische Behaviorismus gilt seit der kognitiven Linguistik in der Entwicklungspsychologie des Spracherwerbs ebenfalls zurecht als überholt und veraltet.

 

Jedenfalls scheint es kaum möglich zu sein, das sog. Leib-Seele-Problem auf ein Geist-Gehirn-Problem (mind-brain-problem) zu reduzieren, wie das die meisten zeitgenössischen Vertreter der sog. "Philosophie des Geistes" (philosophy of mind) tun. Denn sie meinen wie schon Gilbert Ryle mit dem Ausdruck 'Geist' (mind) immer noch alle psychischen Erleb-nisse und Phänomene, Aktivitäten und Fähigkeiten, ohne wie Descartes, Kant und Hegel das intersubjektiv teilbare Intelligible des sprachlichen Intellektes bzw. der abstrakten Vernunft (Ideale, Prinzipen, Normen und Werte) von dem individuell erlebbaren Psychischen zu unterscheiden. Der empiristische Behaviorismus gilt seit der kognitiven Wende in der Psychologie und Linguistik schließlich auch ganz zurecht in der philosophischen Psychologie und Antropologie als überholt und veraltet.

 

Außerdem unterschlagen die meisten zeitgenössischen Vertreter der sog. "Philosophie des Geistes" dabei völlig,

 

(1.) dass das menschliche Gehirn kein isoliertes Organ ist, sondern dass es über das ganze Nervensystem eng mit dem ganzen Körper verbunden ist, was alle Psychiater wissen, da sie meistens zugleich Neurologen sind,

 

(2.) dass der von außen objektiv erforschbare anatomische Körper des Menschen für jeden Menschen im Wachzustand und bei psycho-physischer Gesundheit auch ein weitgehend von innen subjektiv und proprioreptiv erlebbarer Leib ist, mit Ausnahme des ganzen Gehirns unter der Schädeldecke und mit Ausnahme der meisten inneren Organe, solange sie nicht zun sehr belastet werden oder schmerzen,

 

(3.) dass es in menschlichen Interaktionen im ganzen Spektrum von Konflikten bis zu Kooperationen, von Erotik und Kommunikation bis zu Sport und Spiel eine ganze Fülle von zwischenmenschlichen Erfahrungen und Wechselwirkungen auf den verschiedenen Ebenen von Leib, Psyche und Intellekt gibt, und schließlich

 

(4.) dass sich das kognitive, teils intuitive und teils diskursive Selbstbewusstsein des Menschen vom leiblichen und instinktiven Selbstbewusstsein der Säugetiere und Vögel unterscheidet, weil es zu einer Selbsterkenntnis der eigenen Endlichkeit und Sterblichkeit, Individualität und Sozialität, Herkunft und Zukunft, Lebensgeschichte und Persönlich-keitsentwicklung auf verschiedenen Graden der Bewußtheit, Differenziertheit und Reflektiertheit fähig ist. 

 

Die meisten zeitgenössischen Vertreter der sog. "Philosophie des Geistes", aber auch die meisten reduktionistisch vorgehenden Neurowissenschaftler sind anders als viele philosophisch ausgebildete und interessierte Psychiater und Psychologen immer noch weit davon entfernt, diese hoch komplexen Phänomene und Zusammenhänge des mensch-lichen Daseins in der natürlichen, sozialen und kulturellen Lebenswelt zu verstehen.

 

Der weit verbreitete Neuro-Reduktionismus führt weitgehend in die Irre, denn er erzeugt eine Gehirnmythologie

von menschlichen Gehirn als eines wundersamen Generators von Bewußtsein und Intelligenz bis hin zu dem neuro-idealistischen Mythos vom menschlichen Gehirn, das wie ein kleiner Gott seine eigene Welt erzeugt und das die ganze Welt aus dem Nichts hervorbringt, sodass es eigentlich gar keine objektiv erkennbaren Fakten in der Lebenswelt gibt, sondern nur unzählige "Perspektiven" und immer neue "alternative Fakten".

 

Das führt dann bis hin zu dem modischen Gender-Wahn, dass es im biologischen Sinne angeblich nicht nur zwei angeborene Geschlechter (sex), nämlich Männer und Frauen geben soll, weil Geschlecht (gender) angeblich nur eine kulturbedingte soziale Konstruktion sei, sodass ein jeder Mensch dasjenige Geschlecht haben, annehmen oder auf medinzinischem Weg bekommen kann, das er zu haben meint, weil er sich "tief im Inneren" als Mann oder als Frau fühlt.

 

Die skurille Vorstellung, als Mädchen oder Junge, als Frau oder als Mann im "falschen Körper geboren" zu sein, ist eine narrative Fehldeutung des pathologischen Phänomens einer Gender-Dysphorie. Diese Vorstellung entspringt jedoch nicht dem naturwissenschaftlich aufgeklärten methodischen Dualismus von objektiv erforschbarem Körper und nur subjektiv erlebbbarer Psyche als vielmehr dem anti-wissenschaftlichen mythischen Dualismus gnostischer bzw. platoni-scher Herkunft vom eigentlichen Selbst oder von einer lichtvollen und reinen geistigen Seele, die im "Kerker des dunklen und bloß materiellen Körpers" gefangen ist und die daher aus ihrer schicksalhaften Entfremdung oder Gefangenschaft zu einem neuen und "wahren Leben" befreit werden muss.

 

5. Das Leib-Seele-Problem im Zeitalter der Neurowissenschaften und der digitalen Bildmedien

 

In den popularwissenschaftlichen Magazinen in Zeitschriften und in den Bildmedien von TV, Internet und Smartphone werden wir gegenwärtig mit bunten Bildern von Gehirnen konfrontiert, die suggerieren, dass es sich um quasi foto-graphische Aufnahmen von Gehirnen und ihren Aktivitäten handelte. Dabei handelt es sich jedoch nicht um fotografi-sche Aufnahmen, sondern um zwei- oder dreidimensionale Grafiken, die aus komplizierten digitalen Datensätzen von vielen elektrischen Messungen von unsichtbaren Gehirnströmen künstlich konstruiert werden und die entweder mit Hilfe von Sensorkappen oder von Computertumographen (CT) im Labor gewonnen wurden. Gleichwohl suggerieren diese Bilder von Gehirnen, dass Neurowissenschaftler dem menschlichen Gehirn beim Denken, Fühlen und Handeln zusehen könnten.

 

Aber der schöne bunte Schein trügt, zumal der damit verbundene Vulgärempirismus vollkommen außer Acht lässt,

wie diese populären Bilder auf technischem Weg zustande gekommen sind und dass diese künstlich konstruierten grafischen Darstellungen ähnlich wie die radiologischen Aufnahmen mit Hilfe von Ultraschallgeräten der geschulten professionellen Interpretation bedürfen. Außerdem genügt ein kurzes Nachdenken, sich daran zu erinnern, dass es sich bei diesen künstlich dargestellten neuronalen Vorgängen in menschlichen Gehirnen bestenfalls um objektiv erforsch-bare elektromagnetische Prozesse handelt, die mit meinen subjektiv erlebten und teilweise von mir selbst steuerbaren Gedanken, Gefühlen und Absichten korrelieren, d.h. gleichzeitig und parallel auftreten.

 

Was gleichzeitig und parallel auftritt, wie meine aktuellen Gedanken, derer ich mir gerade bewusst bin, und gewisser Gehirnprozesse, die von Neurowissenschaftlern via Sensorkappe gemessen werden, von denen ich jedoch ohne diese fremden Informationen nichts wüsste, kann jedoch nicht identisch sein. Denn Gleichzeitigkeit und Parallelität ist nicht genau dasselbe wie Identität.

 

Wenn ich etwas lese, sind die auf den Buchseiten gedruckten Sätze ebenfalls nicht identisch mit den von mir beim Lesen gedachten Sätze in meinem Bewußtsein, obwohl ich eben gerade das Gedruckte lese und das Gedruckte sozusagen beim Lesen zum Gedachten wird. Aber von einer regelrechten Identität kann zwischen den gedruckten Sätzen auf dem Papier vor mir und den gedachten Sätzen in mir und in meinen Gedanken keine Rede sein. Es besteht nur eine inhaltliche Kongruenz oder eine Übereinstimmung hinsichtlich der Reihenfolge der Wörter und der Sätze, ihrer syntaktischen Anordnung und in Bezug auf die evozierten semantischen Felder der Wörter. Beim Lesen nehme ich zwar den Sinn der gedruckten Sätze auf, aber die gedruckten Sätze vor mir auf dem Papier bleiben was und wo sie sind und sie sind sicher keine psychischen Phänomene wie die Gedanken in meinem Bewußtsein.

 

Ganz ähnlich kann von einer Identität dieser neuronalen Prozesse in meinem Gehirn mit meinen Gedanken, Gefühlen und Absichten auch keine Rede sein. Meine Gedanken, Gefühle und Absichten sind eben keine Gehirnprozesse. Alles, was wir sagen können, ist, dass meine Gedanken, Gefühle und Absichten von dem Gehirnprozessen kausal abhängen, da sie nicht mehr auftreten könnten, wenn ich plötzlich sterben würde und tot wäre. Aber kausale Abhängigkeit ist auch nicht Identität. Die reduktionistische Identitätstheorie, die behauptet, dass bewusste psychische Phänomene wie Gedanken, Gefühle und Absichten mit neuronalen Prozessen in meinem Gehirn und Nervensystem identisch sind, kann ganz einfach nicht stimmen und überzeugen. Auch neurowissenschaftliche Reduktionisten, die behaupten, dass Gedanken, Gefühle und Absichten nichts anderes sind als neuronale Prozesse in meinem Gehirn und Nervensystem, können ganz einfach nicht recht haben und Andere überzeugen.

 

Daher ist und bleibt die entscheidende Frage, was es mit dem rätselhaften menschlichen Bewußtsein insbesondere im Wachzustand, aber auch mit dem andersartigen Bewußtsein in Träumen auf sich hat. Was ist dieses Bewußtsein? Und was sind seine bewußten Phänomene in mir, zu denen ich -- anders als zu den neuronalen Vorgängen in meinem Gehirn unter der Schädeldecke -- einen unmittelbaren epistemischen Zugang habe, weil ich sie direkt in mir wahrnehmen kann?

 

Um bloße Epiphänomene, die nur zufällig die neuronalen Vorgänge in meinem Gehirnorgan begleiten, aber gar keine Funktion haben, kann es sich auch nicht handeln. Denn es gibt kaum etwas in der Natur, das in der Evolution entstanden ist, aber gar keine Funktion hat. Außerdem kann ich meine Gedanken und Absichten nicht nur wahrnehmen und in der Stille beobachten, sondern ich kann sie ähnlich wie Instrumente willentlich und zweckmäßig steuern, um etwas heraus-zufinden und zu verstehen oder um mit ihrer Hilfe in der Lebenswelt klug handeln zu können. Der sog. Epiphänome-nalismus ist ähnlich wie schon zuvor der Behaviorismus und der Funktionalismus kaum überzeugend.

 

Meine innersten Gedanken und Absichten können bestimmte äußere Folgen haben, denn sie können zuerst zu den Worten in einem Gespräch oder in einer öffentlichen Rede werden. Sie können schriftlich aufgezeichnet und in Medien als Texte publiziert werden. Sie können auf Andere einwirken und manchmal ihr Tun und Lassen beeinflussen. Sie können zu den eigenen Entscheidungen und Taten führen. Diese Entscheidungen und Taten können dann auf mich und meine Persönlichkeit zurückwirken und langfristig meinen Charakter prägen. Bewußte Gedanken und Absichten ermöglichen damit die Möglichkeit eines höheren Selbstbewußtseins und der lebendigen Selbstbestimmung im Lichte von ästhetischen und religiösen, ökonomischen und politischen, ethischen und rechtlichen  Idealen, Prinzipien, Werten und Normen. 

 

Das menschliche Bewußtsein und die introspektive Fähigkeit zur Wahrnehmung der eigenen bewussten Gedanken, Gefühle und Absichten hat also eine wichtige psychologische Funktion, denn sie ermöglichen, dass menschliche Kinder und Jugendliche zu erwachsenen Menschen werden können, die ihr eigenes Denken und Schließen, Verhalten und Handeln in der natürlichen, kulturellen und sozialen Lebenswelt möglichst rational steuern und weitgehend selbst bestimmen können, obwohl dies immer nur mehr oder weniger gut und selten ganz fehlerfrei gelingt, da sie von Emotionen (Affekten, Empfindungen, Gefühlen, Leidenschaften oder Stimmungen) zu irrationalem Denken und Handeln bewegt werden können. Aber ohne menschliches Bewußtsein keine Rationalität im Denken, Schließen und Urteilen und ohne menschliches Bewußtsein keine rationale Selbstbestimmung im Überlegen, Entscheiden und Handeln.

 

Allerdings wäre es unangemessen, alle Emotionen nur als potentielle Störungen der Rationalität und der rationalen Selbstbestimmung aufzufassen, wie das die Stoiker, Patanjali in seinen Yoga-Sutras und Gautama Buddha getan haben. Denn fast alle Emotionen haben aufgrund ihrer Intentionalität (Aboutness oder intentionalen Beziehung auf ein Objekt) eine sich-selbst-transzendierende und welterschließenden Funktion und z.B. wie die Gefühle der Empathie und der Sym-pathie auch eine sittliche Funktion.

 

Fast alle Basis-Emotionen, wie vor allem Empfindungen der Lust und Trauer, Affekte wie Ekel, Hass oder Zorn, Gefühle, wie Freude, Liebe und Zufriedenheit und Stimmungen wie Angst oder Heiterkeit sind auch leiblich präsent und spürbar, sodass die reduktionistische Vorstellung funktionalistischer Neurowissenschaftler und naturalistischer Neuroreduktio-nisten, dass die Psyche des Menschen zentral im Gehirn lokalisierbar sei, ziemlich abwegig, irreführend und von sich selbst entfremdend ist. Denn erstens ist das Gehirn über das zentrale Nervensystem mit dem ganzen spürbaren Leib und seinen Sinnen und dann auch mit allen inneren Organen des normalerweise nicht spürbaren Körpers verbunden und zweitens ist die menschliche Psyche von der Kopfhaut bis zu den Fußsohlen in allen ihren Regungen und Bewe-gungen im spürbaren Leib ausgedehnt.

 

Daher hatten Epikur, Platon und Aristoteles schon gegen die asketischen Stoiker, Patanjali und Buddha recht, als sie schon früh darauf verzichteten, die menschlichen Emotionen pauschal nur als unliebsame Störungen der Rationalität, der Seelenruhe oder der Aufmerksamkeit schlecht zu machen, um den Menschen die emotionale Apathie (ataraxia), die innere Stille des Geistes (samadhi) oder den absoluten Gleichmut (nirvarna) zu  empfehlen.

 

Denn wo es überhaupt keine Emotionen mehr gibt, da gibt es auch keine guten Emotionen mehr, wie Empathie oder Sympathie, Freude oder Glück, sondern nur noch den spirituellen Egoismus einer ängstlichen Gleichgültigkeit ohne das Risiko der Leidenschaften, ohne saftigen Humor und ohne feine Ironie, ohne die seelische Begeisterungsfähigkeit einer sich selbst transzendierenden und lebensbejahenden Heiterkeit. Das Herz erkaltet, und die menschliche Persönlichkeit kann sich nicht entfaltent und entwickeln. Sie bleibt verschlossen wie die Knospe einer Rose, die nicht aufblüht. Dahinter steht oft die durch eine traumatische Erfahrung bedingte Furcht vor dem Schmerz der Dornen. Mit der zeitweiligen Blüte werden jedoch auch die Befruchtung und damit die späteren Früchte verhindert.

 

Wo es kaum noch starke und lebendige Emotionen mehr gibt, da gibt es dann aber auch keine guten Motivationen mehr, um für sich selbst und andere zu sorgen, also vorausschauend zu entwerfen, zu planen, zu schaffen und Gutes zu tun. Das Interesse des Menschen schrumpft auf die nackte Selbsterhaltung im Hier und Jetzt und auf eine allzu gleich-gültige kultur- und kommunikationslose Selbstsorge zusammen. Das ist der seelisch-geistige Selbstmord vor dem unvermeidlichen leiblichen Tod, auch wenn er damit die leibliche Gesundheit asketisch und hypochondrisch vor den ganz gewöhnlichen Blessuren eines abenteuerlich gelebten Lebens schützt.

 

6. Konsequenzen

 

Die zeitgenössische Dominanz der reduktionistischen und szientistischen Versuche, das sog. Leib-Seele- Problem zu verstehen und zu lösen, ist misologisch und misanthropisch, geistfeindlich und inhuman. Die Misologie (Vernunfthass) zeigt sich schon alleine, dass sie aufgrund ihres inhärenten Empirismus, gar keinen Sinn mehr hat für die seelisch-geistige Erfassung ästhetischer und religiöser, ethischer und rechtlicher, ökonomischer und politischer Ideale, Prinzipen, Normen und Werte. Die Misanthropie (Menschenfeindlichkeit) erweist sich darin, dass damit das spezifisch Mensch-liche, das uns wesentlich von anderen intelligenten Lebewesen wie von Säugetieren und Vögeln unterscheidet, von vorne herein ausgeklammert wird, als wolle man, dass die Menschen ausgerottet werden. Die Geistfeindlichkeit kommt zum Vorschein durch das tiefe Unverständnis für die menschliche Fähigkeit zum intuitiven, kognitiven und performativen Selbstbewusstsein, zur begrifflichen und diskursiven Selbstreflexion und zu psychologischen und spirituellen Selbsterkenntnis. Die Folgen der Inhumanität schließlich offenbaren sich in der schleichenden Zerstörung des Ästhetischen und Ethischen, des Moralischen und Rechtlichen und der sozialen Humanität durch den Verlust einer zivilisierenden Ökonomie und Politik.

 

Die digitalen Bildmedien unterstützen mit ihre suggestiven Bildern vom menschlichen Gehirn, dass Menschen an-fangen, sich selbst und Andere in nur halb verstandenem "Neuro-Talk" selbst zu deuten. Sie wissen nicht mehr, was die Leidenschaften von Liebe zum Guten und Hass auf das Böse im Kampf um eine bessere Zukunft für sich selbst und Andere sowie für ihre Gesellschaft bedeuten, sie loten nämlich nicht mehr die Höhen, Weiten und Tiefen einer sich entfalteten Persönlichkeit in der Fülle der Potentiale auf einem Lebenweg ins Unbekannte aus. Stattdessen tun sie so, als ob sie über die verschiedenen Hormonausschüttungen in ihrem Gehirn Bescheid wüssten, weil sie ein paar Neuro-Schlagworte aufgeschnappt haben und meinen damit ihre Emotionen verstehen und ihr Verhalten erklären zu können.

 

Die Digitalisierung begünstigt im Verbund mit dem empiristischen Naturalismus und Szientismus des neurowissen-schaftlichen Gehirnreduktionismus die Hinwendung zu einem oberflächlichen östlichen Mystizismus, zu leicht konsu-mierbaren populären Versatzstücken von kommerziellem Ayurveda, verwestlichten Yoga und populärem Pseudo-Buddhismus. Ein ethischer Relativismus und ein spiritueller Nihilismus verstecken sich in ihrer seelischen Not und stillen Verzweiflung hinter einer populistischen Propaganda für die vermeintlich fortschrittlichen, aber eigentlich totalitäre und freiheitsfeindlichen Ideologien von "Diversity", "Gendermainstreaming" und  "Transgender-Identity".

 

Anstatt sich selbst besser zu verstehen, bleiben der gesunde Menschenverstand, die vertraute Nähe zur Natur und ihrer überlieferten Kultur sowie eine heilsame Selbsterkenntnis auf der Strecke. Philosophische Anthropologie und Psycho-logie werden durch Neuro-Mythen ersetzt, die vor allem den High-Tech-Giganten im Silicon-Valley und den Milliardären in den USA, in China und in Indien nutzen. Die Pharmakonzerne überschütten den weltweiten Markt mit Pillen gegen die normalen Frustrationen des alltäglichen Lebens. Forscher erfinden neue Persönlichkeits-Störungen für die Diagnose-Manuale, damit große Pharmakonzerne ihre Profite steigern können. Korrupte Ärzte und raffgierige Apotheker spielen mit. Menschen schlucken Psychopharmaka gegen den seelischen Schmerz nach dem Verlust ihrer Arbeitsplätze, ihrer Angehörigen und Lebensgefährten, bis sie abhängig und süchtig werden und oft bis sie dahinsiechen und sterben.

 

Die Menschen laufen Gefahr zu Idioten zu werden, die sich nur noch um ihre eigenen Belange kümmern, weil sie meinen, dass sie sich nicht selbst transzendieren können, dass sie nicht aus ihrer Haut und und ihren Hirnen heraus können, sondern in ihren Körpern gefangen sind. Die meisten Menschen verfallen daher entweder dem Mammon und schaffen es, im neoliberalen Kapitalismus durch Selbstversklavung und durch Ausschaltung von Konkurrenten zu über-leben oder sie verfallen früher oder später dem Moloch des pharmazeutischen Neuroreduktionismus und sterben. Politiker predigen, dass wir anders als viele andere Leute in der sog. "freien Welt leben". Aber es regieren ein gnaden-loser Konkurrenzkampf und eine Entsolidarisierung durch den postmodernen Hyperindividualismus von entfremdeten und geistlosen Brain-Junkies, die tatsächlich meinen, sie könnten ihr leibliches Geschlecht selbst wählen.

 

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1 - Horn, C., Philosophie der Antike. Von den Vorsokratikern bis Augustinus, München: Beck 2013. ders., Antike Lebenskunst. Glück und Moral von Sokrates bis zu den Neuplatonikern, München: Beck ³2014.

 

2 - Wieland, W., Platon und die Formen des Wissens, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht ²1999.

 

3 - Höffe, O., Aristoteles, München: Beck 1996, 42014.

 

4 - Platon, Phaidon, in: Sämtliche Werke in drei Bänden, Bd. 1, 8. Auflage, Darmstadt: WBG, 2004, S. 729 - 811.

 

5 - Diehl, U., Misologie und Misanthropie in Platons Phaidon, in: H.-J. Gerigk / H. Koopmann (Hg.), Hass. Darstellung und Deutung in den Wissenschaften und Künsten. Heidelberg: Mattes 2013.

 

6 - Flashar, H., Aristoteles. Lehrer des Abendlandes, München: Beck ² 2013, Psychologie, S. 297 - 318.

 

7 - Horn, C., Augustinus, München: Beck 1995.

 

8 - Forschner, M., Thomas von Aquin, München Beck 2006.

 

9 - Specht, R., Descartes, Hamburg-Reinbek: Rowohlt 71995, S. 60 – 94.

 

10 - Ebd., S. 95 - 129.

 

11 - Descartes, R., Discours de la méthode. Franz.-dt., übers. u. hrsg. v. L.Gäbe. Meiner, Hamburg 1997

 

12 - Descartes, R., Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit den sämtlichen Einwänden und Erwiderungen. Übers. u. hrsg. v. A.Buchenau. Meiner, Hamburg 1994.

 

13 - Descartes, R., Die Leidenschaften der Seele, Franz.-dt., übers. u. hrsg. v. K. Hammacher. Meiner, Hamburg 1996.

 

14 - Descartes, R., Die Prinzipien der Philosophie. Übers. v. C. Wohlers. Meiner, Hamburg 2005

 

15 - Der Streit zwischen Nativisten und Innativisten zum Problem der angeborenen Voraussetzungen von Sprache und Denken im Sinne der biologischen und psychologischen Bedingungen von Spracherwerb und Sprachkompetenz erlebte in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Neuauflage zwischen Noam Chomsky und Hilary Putnam. Eine wichtige Kritik des weithin akzeptierten Tabula-Rasa-Modells jenseits von Chomskys starker, aber umstrittener Annahme einer angeborenen universalen Tiefengrammatik hat der Linguist und Kognitionspsychologe Steven Pinker vorgelegt: The Blank Slate. The Modern Denial of Human Nature. New York: Viking 2002; dt. Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leug-nung der menschlichen Natur. Berlin: Berlin Verlag 2003.