Meinungsfreiheit in Gefahr?

 

Meinungsfreiheit: Wo endet sie juristisch?

 

Meinungsfreiheit Grenzen

 

Die Frage nach den Grenzen der Meinungsfreiheit führt oft zu komplexen Auseinandersetzungen. Sie berührt sowohl rechtliche als auch ethische Dimensionen. In Deutschland ist die Meinungsfreiheit juristisch verankert, jedoch nicht grenzenlos.

 

Gesetze definieren, wo Meinungsäußerung endet und rechtswidriges Handeln beginnt.

 

Das Grundgesetz bildet die Basis für unsere Freiheitsrechte, einschließlich der Meinungsfreiheit. Doch die juristische Praxis offenbart: Die Freiheit, sich zu äußern, stößt an Grenzen.

 

Es entsteht eine fortwährende Debatte darüber, wo genau diese Grenzen liegen. Die rechtliche Einordnung der Meinungsfreiheit ist entscheidend für das Verständnis ihrer Reichweite.

 

Definition der Meinungsfreiheit

 

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit bildet ein Fundament der deutschen Verfassung. Es erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, ihre Gedanken ohne Furcht vor Repressalien zu äußern. Die Frage, was unter Meinungsfreiheit zu verstehen ist und deren Verankerung im deutschen Recht, erfordert genaue Betrachtung.

 

Grundgesetz und Meinungsfreiheit

 

Artikel 5 des Grundgesetzes sichert in Deutschland die Meinungsfreiheit. Er gewährt jedem das Recht, seine Meinung durch diverse Medien zu verbreiten. Dies stellt einen Eckpfeiler der demokratischen Kultur dar. Auf dieser rechtlichen Basis bauen alle weiterführenden Debatten und Interpretationen auf.

 

Rechtliche Grundlagen

 

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Meinungsfreiheit sind vielschichtig. Sie umfassen diverse juristische Auslegungen und Präzedenzfälle. Jenseits des Grundgesetzes existieren spezifische Begrenzungen dieser Freiheit, festgehalten in verschiedenen Gesetzestexten. Diese Limitierungen dienen dem Schutz anderer Grundrechte und öffentlicher Belange.

 

So sind beispielsweise Fälle von Verleumdung oder Hetze juristisch ahndbar. Dies verdeutlicht, dass die Meinungsfreiheit nicht absolut ist, sondern in einem Rahmen existiert, der andere Werte und Rechte berücksichtigt.

 

Medienrecht und Meinungsfreiheit

 

Die Interaktion zwischen Medienrecht und Meinungsfreiheit spielt eine kritische Rolle in Demokratien. Durch das Medienrecht werden die Grenzen definiert, innerhalb derer Medien und Journalisten agieren. Dabei wird festgelegt, inwiefern freie Berichterstattung erlaubt ist, ohne in Konflikt mit dem Recht auf Privatsphäre zu geraten.

 

Medienrecht

 

Im Kern dieses Zusammenspiels liegt die Notwendigkeit, Meinungsfreiheit gegen gesetzliche Limitationen abzuwägen. Meinungsfreiheit ist essentiell, doch stoßen Medienakteure regelmäßig auf durch das Urheberrecht und Datenschutz bestimmte Grenzen.

 

Die Auswirkungen dieser Gesetze auf Journalismus und PR sind von hoher Bedeutung. Das Ziel des Medienrechts ist es, die Integrität und Objektivität der Medienlandschaft zu sichern. Gleichzeitig soll die Berichterstattung die persönlichen Rechte Einzelner respektieren.

 

Ein heikler Bereich betrifft die Integration digitaler Medien in bestehende rechtliche Strukturen. Die Kluft zwischen nationalen Gesetzgebungen und globalen Plattformen erschwert einheitliche Richtlinien. Dies beeinträchtigt den Schutz der Meinungsfreiheit zusätzlich.

 

Die Ausbalancierung von Medienrecht und Meinungsfreiheit ist fundamental für das Rechtssystem. Angesichts einer sich verändernden Medienwelt ist eine kontinuierliche Anpassung dieser Balance unerlässlich.

 

Meinungsfreiheit Grenzen

 

Meinungsfreiheit zählt zu den grundlegenden Pfeilern demokratischer Gesellschaften. Ihre Grenzen finden sich dort, wo sie mit anderen grundlegenden Rechten in Konflikt gerät. Im Folgenden werden die rechtlichen Einschränkungen der Meinungsfreiheit beleuchtet. Zudem werden die Bedingungen für Meinungsfreiheit Zensur und Meinungsfreiheit Strafbare Äußerungen präzisiert.

 

Einschränkungen und Schranken

 

Die Äußerungsfreiheit ist nicht uneingeschränkt gültig, wenn sie andere schützenswerte Rechtsgüter verletzt. Dazu gehören etwa: 

  • Der Schutz der persönlichen Ehre: Diffamierungen und Beschimpfungen können rechtliche Folgen nach sich ziehen.
  • Der Schutz der öffentlichen Sicherheit: Hetzreden und Gewaltaufrufe fallen unter Verbot.
  • Der Jugendschutz: Verbreitung jugendgefährdender Inhalte ist untersagt. 

Zensur und Strafbare Äußerungen

 

In Deutschland definieren spezifische Gesetze, was als Meinungsfreiheit gilt. Darunter fällt: 

  • Die Volksverhetzung: Sie stellt eine Straftat dar, wenn Teile der Bevölkerung diskriminiert werden.
  • Die Verbreitung von Propaganda verfassungswidriger Organisationen: Dazu zählen zum Beispiel nationalsozialistische Symbole und Parolen, die strikt verboten sind.
  • Drohungen und Aufrufe zur Gewalt: Diese werden strafrechtlich verfolgt.

Derartige Regelungen schützen sowohl die demokratische Ordnung als auch individuelle Freiheiten und Rechte anderer Personen.

 

Meinungsfreiheit im Kontext des Strafrechts

 

Im Bereich des Strafrechts ist die Meinungsfreiheit von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht es, Meinungen frei

zu äußern, vorausgesetzt, es wird kein Gesetzesverstoß begangen. Die Frage nach den Grenzen dieser Freiheit wird besonders bei strafrechtlich relevanten Äußerungen relevant.

 

Strafbare Äußerungen

 

Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch strafbare Äußerungen sind zentral. Beispiele hierfür umfassen: 

  • Beleidigung: Herabsetzende Bemerkungen, die jemandes Ehre angreifen.
  • Verleumdung: Absichtlich unwahre Behauptungen, die den Ruf beschädigen.
  • Volksverhetzung: Aussagen, die zu Hass oder Gewalt gegen bestimmte Gruppen aufrufen. 

Diese Beispiele verdeutlichen, wie das Recht auf Meinungsfreiheit im strafrechtlichen Kontext begrenzt wird. Die Konsequenzen für das freie Sprechen sind signifikant, da solche Aussagen strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen können.

 

Fallstudien zur Meinungsfreiheit

 

Meinungsfreiheit hält in der deutschen Kultur eine zentrale Position inne. Sie ist jedoch Gegenstand bedeutender Beschränkungen und Entwicklungen. Diese Veränderungen resultieren aus juristischen Entscheidungen und An-passungen im Recht. Die betrachteten Fallstudien werfen Licht auf diese juristischen Rahmenbedingungen und

deren Einfluss auf den Wandel der Meinungsfreiheit.

 

Gerichtsurteile

 

Deutsche Gerichte haben entscheidend definiert, was unter Meinungsfreiheit zu verstehen ist. Ein Schlüsselurteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2019 illustriert dies. Es setzte neue Maßstäbe für die Abgrenzung erlaubter Meinungs-äußerungen von strafbaren Aussagen. Zusätzlich zu diesem Urteil gibt es Urteile, welche die Äußerung von Hassrede sanktionieren. Sie balance aus zwischen Meinungsfreiheit und persönlichen Rechten.

 

Rechtsentwicklung

 

Die Evolution des Rechts zur Meinungsfreiheit ist durch ständige Anpassung an gesellschaftliche Veränderungen gekennzeichnet. Markante Änderungen in der Rechtsprechung und neue Gesetze gegen Hasskriminalität reflektieren diese Entwicklung. Ein wesentliches Gesetz in diesem Zusammenhang ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) von 2017. Es verpflichtet Plattformbetreiber, illegale Inhalte zügig zu löschen, was tiefgreifende Effekte auf die Meinungsfreiheit und den gesellschaftlichen Diskurs besitzt.

 

Einschränkungen durch das Grundrecht

 

In Deutschland ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit mit bestimmten Schranken versehen, um den Schutz anderer Grundrechte sicherzustellen. Diese Grundrechtseinschränkungen treten zumeist in Erscheinung, wenn es Spannungen mit dem Persönlichkeitsrecht oder dem Urheberrecht gibt. Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit kann erfolgen, wenn dadurch die Privatsphäre einer Person berührt wird oder das geistige Eigentum anderer beeinträchtigt wird.

 

Die Bedeutung solcher Einschränkungen wird insbesondere bei öffentlichen Äußerungen erkennbar, die als beleidigend oder verleumderisch eingestuft werden könnten. In diesen Fällen ist es Aufgabe der Gerichte zu bewerten, ob und wie die Meinungsfreiheit Schranken erfahren muss, um die Rechte Dritter zu schützen. Faktoren wie das allgemeine Wohl und die öffentliche Sicherheit können ebenfalls eine Rolle bei der Beschränkung der Meinungsfreiheit spielen.

 

Meinungsfreiheit Schranken

 

Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Urteilen herausgestellt, dass Einschränkungen des Grundrechts notwendig sind, um zentrale Rechtsgüter wie die Menschenwürde oder die öffentliche Ordnung zu schützen. Jedoch bleibt das Grundrecht der Meinungsfreiheit ein fundamentales Element der Demokratie. Eine Beschränkung dieses Rechts verlangt daher eine gründliche Bewertung, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den divergierenden Rechten zu erreichen.

 

Fazit

 

Das Recht auf Meinungsfreiheit ist entscheidend für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Allerdings ist es nicht ohne Begrenzungen. Gesetzliche Vorgaben gewährleisten, dass dieses Recht verantwortlich wahrgenommen wird. Sie schützen ebenso die Rechte anderer und verhindern Missbrauch.

 

Ein harmonisches Zusammenleben erfordert zwingend Grenzen der Meinungsfreiheit. Diese Grenzziehungen sind unverzichtbar, um Extremismus effektiv entgegenzutreten.

 

Während dieses Artikels haben wir uns mit den Facetten der Meinungsfreiheit auseinandergesetzt. Wir betrachteten ihre rechtliche Definition, die Relevanz im Medienrecht sowie strafrechtliche Konsequenzen. Die Fallstudien offenbarten gerichtliche Entscheidungen der Vergangenheit und zeigten die Entwicklung des Rechts auf.

 

Diese Erkenntnisse sind von enormer Bedeutung. Sie ermöglichen es uns, die Bedeutung der Meinungsfreiheit in einem umfassenden Kontext zu verstehen.

 

Zusammenfassend ist ein Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und respektiven Beschränkungen von höchster Wichtigkeit. Dieses Gleichgewicht fördert eine demokratische Gesellschaft. In solch einer Gesellschaft ist der Einzelne

vor schädlichen Einflüssen geschützt. Wir sollten diese abschließenden Überlegungen zur Meinungsfreiheit stets berücksichtigen, um ein Gleichgewicht zwischen persönlicher Freiheit und gesellschaftlicher Verantwortung zu sichern.

 

FAQ

 

Was versteht man unter Meinungsfreiheit im rechtlichen Kontext?

 

Meinungsfreiheit ist das fundamentale Recht, sich frei in Wort, Schrift und Bild zu äußern. Dieses Recht ist in der Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 5 des Grundgesetzes stark verankert. Gewisse Beschränkungen sind jedoch vorgesehen, um Rechte anderer zu schützen, etwa die persönliche Ehre oder den Jugendschutz.

 

Welche Bedeutung hat Artikel 5 des Grundgesetzes für die Meinungsfreiheit?

 

Artikel 5 sichert die Meinungsfreiheit in Deutschland. Er gewährt das Recht, sich frei über diverse Medien zu äußern. Gleichzeitig beinhaltet der Artikel Grenzen dieser Freiheit. Diese Limits umfassen Gesetze, das Jugendschutzgesetz und das Recht auf persönliche Ehre.

 

Wie beeinflusst das Medienrecht die Meinungsfreiheit?

 

Das Medienrecht formt die Basis, auf der Medien agieren, und beeinflusst dadurch die Meinungsfreiheit. Es definiert die Pressefreiheit und schützt individuelle Persönlichkeitsrechte. Zudem stellt es sicher, dass Medien fair und sachlich berichten und schützt vor willkürlicher Zensur.

 

Welche Einschränkungen und Schranken hat die Meinungsfreiheit?

 

Die Meinungsfreiheit sieht Einschränkungen vor, die durch verschiedene Gesetze begründet sind. Zu diesen Grenzen zählen Jugendschutz und Schutz der persönlichen Ehre. Strafbare Handlungen wie Beleidigungen stellen ebenfalls Einschränkungen dar.

 

In welchen Fällen sind Meinungsäußerungen strafbar?

 

Äußerungen werden als strafbar eingestuft, wenn sie Beleidigungen oder Verleumdungen enthalten. Insbesondere Fälle von Volksverhetzung verstoßen gegen strafrechtliche Bestimmungen. Solche Handlungen führen zu Konsequenzen laut Strafgesetzbuch.

 

Wie beeinflusst das Strafrecht die Meinungsfreiheit?

 

Durch das Strafrecht werden Grenzen der Meinungsfreiheit definiert. Es stuft bestimmte Aussagen als strafbar ein. Dies dient dem Schutz der persönlichen Ehre und der öffentlichen Ordnung.

 

Gibt es wichtige Gerichtsurteile zur Meinungsfreiheit in Deutschland?

 

Eine Reihe bedeutender Gerichtsurteile hat die Meinungsfreiheit geformt. Ein herausragendes Beispiel ist das Lüth-Urteil von 1958. Solche Urteile prägen die rechtliche Handhabung und Entwicklung der Meinungsfreiheit in Deutschland.

 

Wie kann das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden?

 

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit trifft gelegentlich auf die Grenzen anderer Grundrechte. Konflikte zwischen Meinungsfreiheit und Rechten wie dem Persönlichkeitsrecht erfordern juristische Abwägungen. Diese sind ent-scheidend, um ein Gleichgewicht zwischen den Rechten zu finden.  

 

Meinungsfreiheit: Wo endet sie juristisch?

 


 

Deutsche „Meinungsfreiheit“ und amerikanisches First Amendment

 

Der Volksverhetzungsparagraph passt nicht in eine liberale Demokratie

 

Der Volksverhetzungsparagraph wurde seit Bestehen der Bundesrepublik immer wieder auf Kosten der Meinungsfreiheit ausgeweitet. Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD wird eine weitere Verschärfung gefordert. Es ist vielmehr Zeit, den Paragraphen abzuschaffen.

 

UWE STEINHOFF am 19. August 2025 in CICERO ONLINE

 

Der amerikanische Vizepräsident J.D. Vance hat vor einigen Monaten europäischen Staaten vorgeworfen, die Meinungsfreiheit zunehmend einzuschränken, um missliebige Positionen und Wählerschichten zu isolieren und von politischer Macht auszuschließen. Soeben hat der Jahresbericht des US-Außenministeriums diese Einschätzung insbesondere in Bezug auf Deutschland nochmals bestätigt. Die oft hysterischen Reaktionen insbesondere auch deutscher Politiker zeigen, dass die amerikanischen Kritiker einen wunden Punkt getroffen haben. Die nüchterne Analyse der von diesen Politikern in den letzten Jahren verabschiedeten oder anvisierten Gesetze in puncto Meinungsfreiheit belegen, dass die Kritiker zudem Recht haben.

 

So trat im April 2022 eine Verschärfung des Paragraphen 188 StGB in Kraft. Schon zuvor war dieser Paragraph, der „Personen des öffentlichen Lebens“ – gemeint sind vor allem Politiker – in besonderer Weise schützt, als Zweiklassen-recht einem Obrigkeitsstaat angemessener als einer liberalen Demokratie. Einst freilich kriminalisierte er nur üble Nachrede und Verleumdung solcher Personen, nun auch noch die Beleidigung.

 

Insbesondere linksgrüne Politiker haben darauf ein System aufgebaut: Beim Verklagen vorlauter Bürger, denen beim Kritisieren ministerialer Inkompetenz das Wort „Schwachkopf“ über die Lippen kommt, erhalten sie großzügige logisti-sche und finanzielle Schützenhilfe von links-grünen Vorfeldorganisationen, welchen sie ihrerseits zur „Demokratie-förderung“ Steuergelder und Werbung zukommen lassen. So bleibt das entsprechende Steuergeld bei den Politikern und ihrer engsten Klientel. Der Bürger hingegen muss auf seine eigenen Ressourcen zurückgreifen, was oft dazu führt, dass er im Zweifelsfall den hohen Herren und Damen gegenüber lieber brav den Mund hält.

 

Des Weiteren hat die Ampelkoalition im Juli 2024 im Rahmen einer Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes die von ihr so genannte „Gehsteigbelästigung“ mit Bußgeldern belegt. Diese „Belästigung“ umfasst, in einem Umkreis von 100 Metern, auch stummes, den Zugang zur Klinik nicht versperrendes Dastehen mit Plakaten, welche „geeignet sind, bei einer Schwangeren eine erhebliche unmittelbare emotionale Reaktion wie insbesondere Furcht, Ekel, Scham oder ein Schuldgefühl auszulösen“. Es umfasst dem Wortlaut nach auch das Ankleben eines solchen Plakats am eigenen Fenster. Anders als bei anderen Gesetzen zur Einschränkung der Meinungsfreiheit war hier die CDU übrigens aus-nahmsweise dagegen.

 

„Hass und Hetze“ im Koalitionsvertrag

 

Ganz dafür ist sie freilich, wie der Koalitionsvertrag zeigt, allerlei zusätzliche Maßnahmen gegen „Hass und Hetze“ – ein Sprachgebrauch, der seinerseits unfreiwillig, aber keineswegs zufällig an ein Nazigesetz erinnert – zu ergreifen und den Volksverhetzungsparagraphen, der seit Bestehen der Bundesrepublik sukzessive immer wieder auf Kosten der Mei-nungsfreiheit ausgeweitet wurde, abermals zu verschärfen. Dabei ist dies zuletzt erst im Oktober 2022 geschehen, und zwar in einer Nacht-und-Nebel-Aktion auf Drängen der EU-Kommission, die schon seit langem mehr Sympathie für „Hatespeech“-Gesetze denn für Meinungsfreiheit hegt. Juristische Kritiker bemängelten den Mangel an Debatte und dass das Gesetz „nicht gut gemacht“ sei, andere gingen weiter und monierten die „Kriminalisierung des politischen Gegners“ und einen „legalistischen Staatsstreich“. Die vereinbarte neue Erweiterung sieht nun auch noch folgerichtig

die Möglichkeit vor, Politiker unter Rückgriff auf den Paragraphen gleich das passive Wahlrecht zu entziehen.

 

So mancher gestandene deutsche Politiker hat zu diesen Entwicklungen nichts Intelligentes oder auch nur Vertrauen erweckendes zu sagen. Jüngst etwa interpretierte der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck die Klage vieler Deutscher über unzureichende Meinungsfreiheit wie folgt: „Was die Leute meinen ist, dass sie Widerspruch ernten. Sie möchten gerne ihre Meinung sagen, und dann sollen wir anderen zustimmen.“ Tatsächlich jedoch sind Menschen, die über die oben genannten Denunziationsportale und Gesetzesverschärfungen informiert sind, durchaus imstande, mehr zu meinen, als Gauck es ihnen zugesteht.

 

Ebenso verfehlt ist es, wenn der Fraktionschef der Union, Jens Spahn, verkündet, jeder könne in Deutschland sagen, was er denke, aber es gebe halt Grenzen, wenn es strafrechtlich relevant werde. Erstens beweisen die genannten Denunzia-tionsportale, die ausdrücklich auch auf Vergehen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ abzielen, dass das Strafrecht nicht das einzige staatlich finanzierte und politisch gewollte Mittel ist, Bürgern die freie Meinungsäußerung und am besten noch das freie Denken auszutreiben. Zweitens beantwortet man die Frage nach der Gerechtigkeit und Vernünftigkeit von in die Meinungsfreiheit eingreifenden Gesetzen nicht mit dem Hinweis auf deren Existenz.

 

Ideologische Schlagseite bei der Anwendung des Volksverhetzungsparagraphen

 

Daher ist auch nach der Berechtigung des Volksverhetzungsparagraphen zu fragen, eines Paragraphen, der von weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften und parteipolitisch allzu verlässlichen Richtern zunehmend mit ideolo-gischer Schlagseite, also als Gesinnungsstrafrecht, statt mit der moralisch und verfassungsmäßig gebotenen Stand-punktneutralität in Anschlag gebracht wird – so etwa gegen Kritiker der Pandemiemaßnahmen, der ungezügelten Migrationspolitik sowie des Islam.

 

Freilich wird man aufgrund einer solchen Frage in Deutschland schnell Verdächtigungen ausgesetzt. So verstieg sich etwa der ehemalige Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, der Historiker Volkhard Knigge, zu der zwar gegen Björn Höcke gerichteten, aber der Logik nach allgemeinen Behauptung, man enthülle seine antidemokratische Gesinnung, wenn man mit dem Argument der Meinungsfreiheit gegen Paragraphen vorgehe, die die deutsche Demokratie wehrhaft machten. Tatsächlich enthüllt sich hier nur, dass man im Deutschland der Parteipolitik auch dann der Erinnerungskultur vorstehen kann, wenn man Antidemokraten nicht von kompromisslosen Verfechtern der Meinungsfreiheit zu unterscheiden vermag. Hitler war jenes, nicht dieses.

 

Die wehrhafte Demokratie des Volkes und der Volksverhetzungsparagraph der Autoritären

 

Zudem macht der Volksverhetzungsparagraph keineswegs die deutsche Demokratie als vielmehr den deutschen Staat und die deutsche Regierung gerade gegen den demos wehrhaft. Es sei daran erinnert, dass der Volksverhetzungs-paragraph 1960 durchaus gegen deutlichen Widerstand eingeführt wurde.

 

In einer Bundestagsrede gegen den Paragraphen erklärte der CDU-Abgeordnete Franz Böhm, „die große Lehre“ aus der jüngsten Geschichte sei, dass „eine Nation, die nicht will, dass so etwas wie der Nationalsozialismus aufkommt, sich nicht auf ihre Staatsanwälte und ihre Polizei verlassen darf, sondern auf die Straße gehen muss, in die Hände spucken und sich zur Wehr setzen muss, wenn irgendwelche Leute eine gehässige Politik propagieren“. Und der SPD-Abge-ordnete Adolf Arndt erklärte, „Redewendungen wie ‚hetzen‘ und ‚Volksverhetzung‘ als Gesetzesbegriffe“ ließen sich nur „in das unbestimmte und daher parteilich willkürliche Strafunrecht einer totalitären Macht einfügen“. Beide Politiker waren übrigens, wie man an ihren Lebensläufen feststellen kann, alles andere als Nazifreunde. Vielmehr verstanden sie, dass die Wehrhaftigkeit einer Demokratie im Volke selbst liegt, nicht in irgendwelchen Paragraphen, die Staat und Regierung allzu leicht gegen dieses wenden können.

 

Das Wunsiedel-Urteil

 

Zudem sollte klar sein, dass die Begründungslast bei Befürwortern eines solchen Paragraphen liegt, nicht bei dessen Gegnern. Der Paragraph ist ein Eingriff in ein Grundrecht, nämlich die Meinungsfreiheit, und bedarf daher der Recht-fertigung. Hierbei kommt dem Wunsiedel-Urteil des Bundesverfassungsgerichts besondere Bedeutung zu, zumal es dort nicht um bloße Tatsachenbehauptungen, sondern um Meinungsäußerungen geht.

 

Das Urteil wird von Liberalen (im philosophischen, nicht im parteipolitischen Sinne) oft dafür gerühmt, dass es die Grenzen der Meinungsfreiheit sehr weit zieht. Ausdrücklich wird festgestellt, das Grundgesetz rechtfertige „kein allgemeines Verbot der Verbreitung rechtsradikalen oder auch nationalsozialistischen Gedankenguts schon in Bezug

auf die geistige Wirkung seines Inhalts“. Gesinnungspolizeilichen Anwandlungen, wie sie leider in Deutschland mehr und mehr um sich greifen, wird damit im Prinzip eine Absage erteilt. (Lediglich „im Prinzip“, da das notorisch unbe-stimmte Menschenwürdeprinzip, wie von diversen Kritikern immer wieder moniert wird, ein Einfallstor für richterliche Willkür bietet.)

 

Allerdings wird umgekehrt auch die Verfassungskonformität des Paragraphen bestätigt. Das Gericht meint, er genüge den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes: „Die Vorschrift verfolgt mit dem Schutz des öffentlichen Friedens einen legitimen Zweck, zu dessen Erreichung sie geeignet, erforderlich und angemessen ist.“ Aber ist das so? Tatsächlich stellt das Gericht eher Behauptungen auf, als Begründungen zu liefern.

 

Der „öffentliche Friede“

 

Das Gericht gibt zu, dass die rechtswissenschaftliche Literatur Zweifel an der Bestimmtheit des Begriffs des „öffentlichen Friedens“ hat, sieht den durch entsprechende Äußerungen erfüllten Tatbestand der Störung des öffentlichen Friedens aber schließlich in einem „Absenken der Schwelle der Gewaltbereitschaft und in der bedrohenden Wirkung, die solchen Äußerungen“ zukomme. In dem Urteil bezieht sich das Gericht auf die „Billigung, Verherrlichung oder Rechtfertigung der historischen nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft“, aber die angeführte Definition der Störung des öffentlichen Friedens beansprucht allgemeine Geltung, gilt also auch für andere Arten der „Volksverhetzung“.

 

Der Text des Paragraphen 130 stellt dem Wortlaut nach bereits die „Geeignetheit“ der Äußerung, den öffentlichen Frieden zu stören, unter Strafe, aber wie soeben gezeigt, definiert das BVerfG den Tatbestand enger, nämlich als tatsächliches Absenken der Schwelle zur Gewaltbereitschaft. Leider verzichten deutsche Gerichte auf diese feine Unterscheidung gern und begnügen sich mit bloßer „Geeignetheit“, was somit auf gerade das hinausläuft, was das BVerfG eigentlich ausschließen wollte, nämlich pure Gesinnungsjustiz. Hämmer sind auch geeignet, jemanden den Schädel einzuschlagen, aber das ist kaum ein hinreichender Grund, sie zu verbieten. Zudem ist selbst Gewaltbereitschaft etwas Innerliches – sie geht nicht zwangsläufig mit der tatsächlichen Anwendung von Gewalt einher. Möglicherweise meint das Gericht aber schlicht, die inkriminierten Äußerungen, vielleicht auch im Zusammenspiel mit ähnlichen Äußerungen anderer, trügen zur Zunahme tatsächlicher Gewalt in der Gesellschaft bei.

 

Vom Gericht unterstellte, aber nicht begründete Angemessenheit des Paragraphen

 

Wie dem auch sei, das Gericht erklärt, der Paragraph 130 Abs. 4 (dieser Absatz bezieht sich auf die Billigung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus) biete „einen angemessenen Ausgleich zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz des öffentlichen Friedens“. Leider offeriert das BVerfG in Anschluss an diese bloße Behauptung nichts, was auch nur im Entferntesten als ernsthafte Erwägung von Proportionalitätsfragen und mithin als Begründung gelten könnte.

 

Die Meinungsfreiheit ist schließlich ein Individualrecht, und individuelle Rechte haben gegenüber Rechtsgütern der Allgemeinheit ein besonderes Gewicht (der bekannte amerikanische Rechtsphilosoph Ronald Dworkin spricht in diesem Zusammenhang von Rechten als Trümpfen). Es gibt ein Individualrecht auf Meinungsfreiheit, jedoch kein Individualrecht darauf, dass anderer Leute „Gewaltbereitschaft“ oder eine unbestimmte Bedrohungslage vermindert wird.

 

Anders ausgedrückt, selbst wenn der gesellschaftliche Nutzen eines Gesetzes, das in ein Individualrecht eingreift, den gesellschaftlichen oder individuellen Schaden überwiegt, heißt dies nicht, dass dieses Gesetz dem Proportionalitäts-gebot entspricht. Beispielsweise würde ein Gesetz, welches vorsieht, zufällig ausgewählten Bürgern zwangsweise eine Niere zu entnehmen, um sie Bürgern zu transplantieren, die andernfalls sterben, in Bezug auf den gesellschaftlichen Nutzen (gerettete Menschenleben) den gesellschaftlichen Schaden (mehr Menschen mit nur einer Niere) überwiegen. Aber der potentielle Nierenempfänger hat schlicht kein Recht, anderer Leute Nieren zu erhalten, während der unfrei-willige Spender sehr wohl ein Recht auf körperliche Unversehrtheit und damit darauf hat, seine eigenen Nieren zu behalten.

 

Vermuten beim Identifizieren von Gefahren, Einfallslosigkeit beim Finden von Gegenmaßnahmen

 

Das BVerfG belegt in seinem Urteil jedoch weder plausibel, dass der gesellschaftliche Nutzen des Gesetzes seinen Schaden überwiegt, noch erst recht nicht, dass der gesellschaftliche Nutzen die Verletzung des Individualrechts überwiegt. Es belegt nicht einmal, dass der genannte Schaden, nämlich die Absenkung der „Gewaltbereitschaft“, bei solchen Äußerungen überhaupt auftritt. Es meint vielmehr, dies dürfe man bei Vorliegen der anderen im entsprechenden Absatz des Paragraphen genannten Tatbestandmerkmalen „vermuten“. Tatsächlich jedoch sollte man individuelle Grundrechte nicht durch Gesetze einschränken und mit deren Hilfe jene ins Gefängnis bringen, die sie über die Einschränkung hinaus wahrzunehmen wagen, nur weil irgendjemand irgendetwas „vermutet“.

 

Wie sehr politische und richterliche Vermutungen über Gefahren einerseits und Einfallslosigkeit bei deren Bekämpfung andererseits bürgerlicher Freiheit entgegenstehen, hat man während der Pandemie zur Genüge erlebt. Auch im Wunsiedel-Urteil findet sich diese Kombination: Vermuten beim Identifizieren von Gefahren, Einfallslosigkeit beim Finden von Gegenmaßnahmen. So erklärt das Gericht apodiktisch, ohne geringste weitere Ausführungen: „Für den vom Gesetzgeber erstrebten Schutz des öffentlichen Friedens ist § 130 Abs. 4 StGB auch erforderlich. Ein milderes Mittel, das in Bezug auf die hier in Frage stehenden Rechtsverletzungen den Schutz des öffentlichen Friedens in gleich wirksamer Weise gewährleisten kann, ist nicht ersichtlich.“

 

Amerikanische Freiheit statt deutschem Obrigkeitsstaat

 

Glückliches Amerika! Amerikanischen Verfassungsrichtern nämlich ist das durchaus ersichtlich, was womöglich einen Unterscheid zwischen den Institutionen eines deutschen Obrigkeitsstaates und einer amerikanischen freiheitlichen Demokratie markiert. Der Rechtsprechung des amerikanischen Gerichts zufolge gilt die „Gegenrededoktrin“, das heißt, schädlicher Rede ist mit Gegenrede, nicht mit erzwungenem Schweigen zu begegnen. Auf nationalsozialistische Phantasmagorien mit deutlicher Kritik öffentlich zu reagieren, ist eine sinnvolle Maßnahme; sie mit Zensur in den Untergrund zu treiben, eher nicht. Letzteres dürfe die Schwelle zur Gewaltbereitschaft schon aus Ressentiment gegen die Unterdrückung nur noch weiter erhöhen. Im übrigen hat die öffentliche Auseinandersetzung den Vorteil, dass jene, gegen welche sich solche Rede richtet, ein adäquateres Bild von der gesellschaftlichen Stimmung erhalten und entsprechend planen können.

 

Eine weitere nicht nur ersichtliche, sondern ganz und gar offensichtliche Gegenmaßnahme ist die strengere Bestrafung und konsequentere Verfolgung der Gewalttaten selbst, zur deren Begehung die inkriminierte Rede Menschen angeblich „bereiter“ macht. Bei entsprechenden Strafandrohungen wird diese Bereitschaft deutlich sinken. Staatliche Ressourcen – will heißen, die Ressourcen der Steuerzahler – sollten nicht auf die Verfolgung vermeintlicher Meinungsdelikte verschwendet, sondern besser zur Verfolgung echter Gewaltdelikte nützlich eingesetzt werden.

 

Für Meinungsfreiheit in den weiten Grenzen des First Amendment

 

Der Volksverhetzungsparagraph hält also der kritischen Überprüfung nicht stand. Dasselbe gilt, aus ähnlichen Gründen, für andere gesetzliche Eingriffe in die Meinungsfreiheit, welche über die wenigen auch vom amerikanischen First Amendment erlaubten Eingriffe hinausgehen. All solche weitergehenden Eingriffe – und darin besteht ihr massiver gesellschaftlicher Schaden, der zur Verletzung des Individualrechts auf Meinungsfreiheit noch hinzutritt – werden selbst dort, wo sie im Gesetzestext Standpunktneutralität versprechen, in der tatsächlichen Rechtspraxis unvermeidlich mit ideologischer Schlagseite angewendet und von Staat und Regierung gegen Volk und Kritiker gerichtet werden. In Deutschland ist das inzwischen nur allzu deutlich.

 

Solche Eingriffe sind also nicht auszuweiten, sondern abzuschaffen. Den Regierenden macht dies das vom Volk und Opposition ungestörte Regieren natürlich schwieriger. Aber sie können ja jederzeit abtreten. Bei Regierungen, die sich für Eingriffe in die Meinungsfreiheit stark machen, wäre das ein großer Gewinn für die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

 

https://www.cicero.de/innenpolitik/deutsche-meinungsfreiheit-und-amerikanisches-first-amendment-der-volksverhetzungsparagraph-passt-nicht-in-eine-liberale-demokratie