Was heißt "Taufe" im christlichen Sinn?
Für Katholiken, Orthodoxe und Protestanten (Lutheraner, Calvinisten und Unierte) scheint die christliche Taufe kein großes Thema oder gar ein Problem zu sein. Seit Jahrhunderten praktizieren sie die Kindertaufe und diese etablierte Taufpraxis wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Selbstverständlich ist auch ihren Exegeten, Theologen und Gläubigen nicht entgangen, dass die Taufe von neugeborenen Kleinkindern, die den christlichen Glauben noch gar nicht kennen und verstehen können, nicht biblisch begründbar ist und dass sie auch von den frühen Christen der ersten drei Jahrhunderte wahrscheinlich nicht praktiziert wurde, es sei denn im Zusammenhang der Taufe alle Mitglieder eines ganzen Hauses.
Für einige Jahrhunderte spielten dabei auch abergläubische und unbiblische Überzeugungen über die Natur des Menschen und Neugeborene eine Rolle. Die häretische Lehre des Augustinus von der Erbsünde und von der völligen natürlichen Verdorbenheit des Menschen und seinem natürlichen Hang zum Bösen, der auch Luther und Calvin anhingen, galt vor der Neuzeit und Aufklärung als ein Grund, kleine Kinder zu taufen, um sie von ihrer angeblichen Erbsünde zu befreien. Außerdem wollten Kleriker und Eltern angesichts der hohen Kindersterblichkeit verhindern,
dass Kleinkinder, die früh starben, "in die Hölle kommen" würden. Das hing mit der archaischen, ebenfalls unbiblischen Vorstellung von einer drohenden Höllenstrafe für die Ungetauften und Ungläubigen nach dem Tod zusammen.
Aber seit es nicht nur in den USA, sondern auch in Europa immer mehr Freikirchen gibt, die sich enger an die Vorgaben der Bibel und insbesondere an die des Neuen Testamentes halten, und seit diese Freikirchen auch im Gegensatz zur katholischen und zu den evangelischen Landeskirchen immer mehr Zulauf erhalten, wird auch die Kindstaufe häufiger infrage gestellt und nicht mehr für selbstverständlich gehalten, da sie ursprünglich von den frühen Christen in den ersten drei Jahrhunderten nicht praktiziert wurde und daher in den Freikirchen als "unbiblisch" und daher auch im biblischen Sinn als nicht richtig gilt.
Das deutsche Wort "taufen" ist die übliche Übersetzung des altgriechischen Verbes "baptizein" im Neuen Testament,
das wörtlich "eintauchen" oder "untertauchen" bedeutet. Das englische Wort "baptism" steht dem alt-griechischen Wort "baptizein" phoentisch näher, bedeutet aber dasselbe. Während die physische und sichtbare Taufe nur ein aktives Untertauchen eines ganzen Menschen in einem See oder Fluss darstellt, kommt es dabei nicht bloß auf eine äußerliche und leibliche Reinigung an, sondern auf die psychologische Wikung bzw. auf die symbolische Bedeutung einer inneren Reinigung der Seele des Menschen mit seinen Erinnerungen an frühere Taten, die als ungesetzlich oder sündhaft gelten, also einer Erneuerung und Befreiung seines schlechten Gewissens. Diese ursprüngliche Bußtaufe hatten auch schon die Juden in ihren Bädern praktiziert und Johannes der Täufer praktizierte sie in Fluss Jordan.
Die frühen Christen hatten aber nicht nur dieses jüdische Ritual der Bußtaufe übernommen, sondern es auch anders und neu verstanden, nämlich als eine Initiation in das christliche Leben und als eine Konversion von Juden und Heiden. Daher wurde die Bußtaufe durch die Glaubenstaufe mit den Heiligen Geist im Namen Jesu Christi ergänzt und ersetzte später dann auch bei allen Christen die jüdische Beschneidung neugeborener Jungen. Während die ursprüngliche Bußtaufe im Namen Gottes als Adressat seiner Buße geschah, geschah die Glaubenstaufe im Namen Jesu und führte zum Empfangen des Heiligen Geistes. Das entsprach der Aufforderung Jesu hinauszugehen, und alle Menschen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen.
Katholiken, Orthodoxe und Protestanten können die Taufe neugeborener Kleinkinder jedoch auch damit rechtfertigen, dass Kleinkinder zwar unschuldig sind, da sie noch keine schweren Sünden begangen haben können, die ihre Gewissen belasten und ihre lebendige Beziehung zu Gott verhindern würden, und dass die häretische Lehre des Augustinus von der Erbsünde zwar veraltet und verwerflich sei, aber dass sich auch Jesus selbst von Johannes im Jordan habe taufen lassen, obwohl auch er frei von jeglicher Sünde gewesen sei. Insofern bleibt auch die Taufe neugeborener Kleinkinder eine Möglichkeit auf dem Weg zum Christsein. Außerdem kompensieren Kommunion und Konfirmation (anstelle der jüdischen Barmizwa) dann das erste bewusste Bekenntnis zum christlichen Glauben und zur christlichen Lehre, nach-dem die Jugendlichen zuvor einen christlichen Unterricht über den christlichen Glauben erhalten haben.
Dieses Verständnis von Taufe und Konfirmation (Bekenntnis) bzw. Kommunion (Eingliederung) deckt jedoch nur das frühchristliche Verständnis von der Wassertaufe ab. Es deckt jedoch noch nicht die christliche Wiedergeburt aus Wasser und Geist im Sinne der Nikodemus-Erzählung ab, wo Jesus eindeutig gelehrt hat, dass es für das eigene Seelenheil nötig sei, aus Wasser und Geist neu geboren zu werden. Außerdem wird es dem einzelnen Christen überlassen, ob er jemals die Feuertaufe durch den Heiligen Geist empfangen hat, von der in der Erzählung vom Pfingstwunder die Rede ist.
In der katholischen und orthodoxen Kirche könnten beide Initiationen oder Transformationen (Wiedergeburt und Geisttaufe) eventuell den Priestern vorbehalten sein. Aber in den Kirchen der Reformation scheint es zumindest keinen kirchlichen Ritus der Initiation oder Tranformation zu geben, außer dem rituellen Segen oder der eher seltenen Hand-auflegung, wie z.B. bei der Odination zu geben, die sie gewährleisten. Das könnte selbstverständlich bedeuten, dass man es dem Willen Gottes überlässt, wer dafür auserwählt wird, um zu verhindern, dass Menschen durch menschliche Rituale und durch willkürliche Maßnahmen getäuscht werden.